Die griechische Schulden-Odyssee: Epos und Wirklichkeit
Symbolträchtiger hätte er es nicht inszenieren können: Auf der Insel Ithaka mit Blick auf die Bucht, in der Odysseus nach langer Irrfahrt heimkehrte, erklärte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (Bild) am Dienstag „die moderne Odyssee“, die sein Land seit 2010 durchgemacht habe, für beendet. Ein Blick auf Vorwürfe und Fakten:
- Griechenland war nicht Euro-fähig?
Stimmt. Das Land lebte lange Zeit weit über seine Verhältnisse. 2001, im Jahr vor der Euro-Bargeldeinführung, machte der Schuldenstand 107,1 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Laut Maastricht hätten es höchstens 60 Prozent sein dürfen. Vorteil des Euro: Der Staat konnte sich billig verschulden. Nachteil: Ohne Drachmen-Abwertungen ging Konkurrenzfähigkeit verloren.
- Die Griechen mussten in den vergangenen Jahren leiden, um europäische Banken zu retten?
Jein. Im Frühjahr 2010 explodierten die Renditen griechischer Staatsanleihen Richtung 40 Prozent – weil die Investoren (Banken und Versicherungen) der Zahlungsfähigkeit des Landes misstrauten. Viele Milliarden der Hilfskredite, die von den Euro-Partnern und vom IWF kamen, wurden quasi für die Rückzahlung alter Staatsschulden verwendet. Oder auch für die Bezahlung des aufgeblähten Beamten- und Pensionssystems – je nachdem, welches Mascherl man den Euro umbinden will. Tatsache ist: Löhne und Pensionen wurden arg zurückgestutzt und Steuern erhöht, um die Einnahmen und Ausgaben des Staates irgendwie in Balance zu bringen.
- Was hat Griechenland jetzt überhaupt geholfen?
Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen von 30 oder 40 Prozent kann sich kein Land leisten. Die Darlehen aus den Rettungsschirmen kosten nur um die ein Prozent Zinsen. Dazu kommt, dass die Kredite, für die die Euro-Partner bürgen, erst ab 2032 zu tilgen sind. Bis dahin müssen nur die Zinsen bezahlt werden.
- Hätte man dem Land nicht Schulden erlassen müssen?
Das hat man getan, und zwar gar nicht zu knapp. Zuerst wurden 200 Mrd. Euro an Staatsschulden in neue Papiere umgetauscht – wodurch Banken und Versicherer „freiwillig“ auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichtet haben. Dann senkten die Euro-Partner und Euro-Institutionen Zinsen und verlängerten Laufzeiten. Übersetzt heißt das: Berücksichtigt man die Inflation, wird auch Österreich spürbar weniger zurückbekommen, als es hergeborgt hat.
- Was hat Griechenland verabsäumt?
Anfangs wurden die Probleme nicht ernst genug genommen, Reformen wurden verschleppt.
- Was haben die Geldgeber verabsäumt?
Dass Griechenland ein umfangreiches Investitionsprogramm braucht. Ohne Anschub werden sich nicht viele Firmen ansiedeln – genau das aber braucht das Land.
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