Die erste Zinserhöhung: Da muss noch mehr kommen!
Das kam doch einigermaßen überraschend. Die Europäische Zentralbank hebt den Leitzins gleich um 0,5 Prozentpunkte an. Hut ab, Frau Lagarde! Sie ist über ihren Schatten gesprungen und hat endlich ihre zögerliche Haltung aufgegeben. Aber gut, bei einer Inflationsrate, die so hoch ist wie seit 1975 nicht mehr, wurde dann der Druck letztendlich doch zu groß.
Das kann aber nur ein erster Schritt gewesen sein. Im Vergleich zu vielen anderen Staaten ist auch ein Leitzins von 0,5 Prozent noch immer sehr wenig. In den USA sind bereits jetzt 1,50 bis 1,75 Prozent. Für die Sitzung nächste Woche fassen die amerikanischen Währungshüter eine weitere deutliche Anhebung ins Auge.
Zugegeben, die EZB ist in einer schwierigen Situation. Zwar ist eine stabil-niedrige Inflation das Hauptziel. Doch Rezessionsängste gilt es auch zu beachten, schließlich wirken Zinserhöhungen konjunkturdämpfend. Und auch die hohe Verschuldung einzelner Staaten, allen voran Italien, gilt es zu berücksichtigen. Diese haben eigentlich wenig Interesse an großen Zinsanhebungen, weil sie ja dann noch mehr für ihre ohnehin schon sehr hohen Schulden zahlen müssen. Aber Lagarde will diesen Ländern eh erneut entgegenkommen.
Nachdem eigentlich der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB beendet wurde, hat Lagarde ja gleich zwei Hintertürchen sich offen gehalten. Zum einen dürfen Gelder aus auslaufenden Wertpapieren „für längere Zeit“ weiter in Anleihen reinvestiert werden. Zum anderen bastelt Lagarde an einem Programm, mit dem hoch verschuldete Staaten bei Turbulenzen am Anleihenmarkt gestützt werden könnten. Voraussetzung dafür, dass einem Land mit diesem neuen Instrument geholfen wird, soll demnach sein, dass es sich an Vorgaben der EU- Kommission mit Blick auf Reformen und Haushaltsdisziplin hält. Doch wie wir aus den vergangenen Jahren gelernt haben, ist dieses Regelwerk ohnehin dehnbar.
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