Die Emanzipation von der Kreditfinanzierung

BA-Vorstand Hengl kritisiert heimische Kapitalmarktpolitik.
Unternehmen holen beim Eigenkapital auf, höhere Dividendensteuer schadet, sagt BA-Vorstand Dieter Hengl.

Der heimische Kapitalmarkt ist nach wie vor unterentwickelt, das Klima wenig investorenfreundlich." Dieter Hengl, Vorstand der Bank Austria (BA) für internationale Firmenkunden und Investmentbanking, macht sich im KURIER-Gespräch Sorgen um den heimischen Finanzplatz. "Investoren werden als Heuschrecken bezeichnet und die höhere Dividendensteuer ist ein weiteres Signal der Politik, dass sie den Finanzplatz nicht fördert", beklagt der Banker. Dabei gebe es ohne Kapital keine Neugründungen und Jobs.

Die Unternehmen selbst hingegen hätten nach der Finanzkrise ihre Hausaufgaben gemacht und das Eigenkapital aufgestockt. "Das hilft, sie können sich freier bewegen", sagt Hengl. Sie hätten sich von der reinen Kreditfinanzierung emanzipiert und setzen bei der Kapitalaufnahme nun auf Diversifikation.

Jedoch ist bei Anleihen die Emissionstätigkeit rückläufig. 2013 betrug das Volumen noch 9,1 Mrd. Euro (bei 21 Emissionen), im Vorjahr nur fünf Milliarden (15 Emissionen). Heuer erwartet Hengl fünf bis acht Mrd. Euro. Für den Rückgang gibt es aus seiner Sicht mehrere Gründe. Unternehmen würden zwar ältere Anleihen vorzeitig tilgen, da die Refinanzierung günstiger sei. Private würden aber immer weniger Anleihen kaufen, da die Rendite im Verhältnis zum Risiko zu gering sei. Zudem gebe es eine starke Zurückhaltung bei Übernahmen. "Die Preise sind relativ hoch", sagt Hengl. Nicht zuletzt gebe es kaum große Investitionen, da die politischen und konjunkturellen Rahmenbedingungen nicht passen würden.

Keine Kreditklemme

Eine Kreditklemme gebe es nach wie vor nicht. Rund 84 Prozent aller Klein- und Mittelbetriebe würden in Österreich die Finanzierung wie beantragt erhalten, bei der BA seien es sogar fast 90 Prozent. Damit sei Österreich in Europa Spitzenreiter (Eurozonen-Durchschnitt bei 66, in Deutschland 76 Prozent).

Und nach wie vor seien die Kredite günstig. So betragen die Nominalzinsen für KMU-Darlehen bis zu einer Million Euro im Durchschnitt 2,1 Prozent (Deutschland 2,8 Prozent). Nur in Malta, Belgien und Luxemburg (je 1,9 Prozent) sind sie noch tiefer. Viel billiger wird es aber nicht mehr. "Heuer sollte die Talsohle erreicht sein", so Hengl.

Bei Börsengängen sieht er auch dieses Jahr wenig Bewegung in Wien. "Die internationalen Rahmenbedingungen sind zwar außerordentlich freundlich, aber hierzulande ist der Bedarf bescheiden, die Unternehmen sind gut aufgestellt."

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