Die Angst der Sparer vor den Strafzinsen

Die Angst der Sparer vor den Strafzinsen
Privatanleger müssen keine Negativzinsen fürchten, realen Geldverlust aber schon.

Ein Tabu ist gebrochen: Die deutsche Skatbank verrechnet für manche Einlagen negative Zinsen. Die Kunden zahlen 0,25 Prozent "Strafgebühr", wenn sie Geld zur Bank tragen – entgegen ersten Plänen aber erst für Beträge ab drei Millionen Euro.

Was ist die Skatbank?

Eine Online-Direktbank, die zur VR-Bank Altenburger Land (Thüringen) gehört. Dort wurde das Kartenspiel Skat erfunden, daher der eigenartige Name.

Werden negative Zinsen die Regel?

Nein. Der Verband deutscher Volks- und Raiffeisenbanken betont auf KURIER-Anfrage, es handle sich bei der Skatbank um einen absoluten Einzelfall. Negative Zinsen für private Sparer seien ausgeschlossen: "Das passt gar nicht zu unserem Geschäftsmodell."

Warum verlangt eine Bank überhaupt Negativzinsen für Einlagen?

Direktbanken verrechnen meist keine Gebühren für die Kontoführung, sondern spielen ihre Kosten über die Zinserträge herein. Denkbar ist auch, dass eine Bank von Investoren überrannt wird und nicht weiß, wie sie das viele Geld risikofrei anlegen soll.

Ist das neu?

Nein, Schweizer Banken haben in den 1970ern negative Zinsen verrechnet. Der Grund waren enorme Kapitalzuflüsse. "Die Kunden haben die Geheimhaltung und Sicherheit in der Schweiz durch Verzicht auf Zinsen erkauft", sagt Thomas Url vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO).

Was ist die Rolle der Europäischen Zentralbank?

Sie ist quasi das Vorbild der Skatbank. Bisher konnten Banken Geld ohne Risiko bei der EZB parken. Seit Juni stellt diese aber negative Zinsen in Rechnung, aktuell 0,2 Prozent – das sollte die Banken animieren, mehr Kredite zu vergeben. Offenbar funktioniert es aber nicht so recht, denn die geparkte Summe liegt unverändert bei rund 200 Mrd. Euro.

Gibt es in Österreich Pläne für negative Zinsen?

Nein, ergibt ein Rundruf bei Sparkassen/Erste Bank, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Bawag PSK und Bank Austria. "Strafzinsen wird es weder für kleine, noch für große Summen geben", sagt Sparkassen-Generalsekretär Michael Ikrath. Er kritisiert die EZB: Sie orientiere sich zu sehr an den USA und Großbritannien, wo Kredite viel weniger Rolle spielen als bei uns.

Was, wenn das Skatbank-Beispiel Schule macht?

Es wäre verheerend, weil es attraktiv würde, Bargeld zu horten. Ein Run auf die Banken würde drohen, die EZB müsste mit einer Art Notversorgung einspringen. Praktisch wären es kaum zu organisieren, sagt Url: In Österreich sind 24 Mrd. Euro Bargeld in Umlauf. Die Einlagen machen 610 Mrd. Euro aus.

Was ist mit realen Zinsverlusten gemeint?

Das sind die Werteinbußen, wenn man von den Zinsen die Steuer (KeSt) und Inflation abzieht. Zwischen 2010 und 2013 haben Österreichs Sparer real 13 Mrd. Euro an Kaufkraft verloren.

Um eine Finanzkrise wie ab dem Jahr 2008 in Europa künftig zu verhindern, wollen die Staaten der Eurozone noch enger zusammenarbeiten. Eine Säule der Bankenunion, die gerade aufgebaut wird, ist die Aufsicht. Diese wird heute, Dienstag, von der Europäischen Zentralbank über alle Banken der Eurozone übernommen. Die 120 größten Bankengruppen – aus Österreich sechs plus die Bank Austria via die italienische Mutter UniCredit – werden durch den sogenannten „Einheitlichen Aufsichtsmechanismus“ unter der Leitung der Französin Daniele Nouy direkt von Frankfurt aus überwacht; alle anderen indirekt über die nationalen Aufsichtsbehörden.

„Wir werden streng und aufdringlich sein, aber unparteiisch und berechenbar“, kündigte Nouy am Montag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments an. Die EZB sei für die neue Aufgabe „bestens gerüstet“. Der Stresstest, den die EZB in den vergangenen Monaten durchgeführt hat, habe wichtige Informationen für die Aufsicht geliefert, sagte Nouy; die Transparenz über die Einlagen der Banken habe sich dadurch verstärkt.

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