Deutscher wird neuer Chef der OMV

Der Chemiker Rainer Seele wird ab 1. Juli neuer CEO der OMV.
Rainer Seele, Chef des deutschen Öl- und Gasproduzenten Wintershall, folgt Gerhard Roiss nach.

Sein Konzernchef Kurt Bock, Vorstandsvorsitzender des Chemieriesen BASF, soll nicht gezögert haben. Als aus Österreich angefragt wurde, man würde gerne Rainer Seele, Chef der BASF-Tochter Wintershall, als neuen Boss des Öl- und Gaskonzerns OMV nach Wien holen, habe Bock sofort zugestimmt. Könnte bei kritischer Betrachtung als Indiz dafür interpretiert werden, dass er Seele nicht unbedingt für unabkömmlich hält.

Für den 1960 geborenen studierten Chemiker ist die Bestellung zum Nachfolger von Gerhard Roiss, der mit 30. Juni abtritt, ein gewaltiger Karrieresprung. Die OMV spielt mit rund 25.000 Mitarbeitern in einer wesentlich höheren Liga als Wintershall mit 2500 Beschäftigten. Der Job ist inklusive Erfolgsbeteiligung mit mehr als drei Millionen Euro dotiert.

Seele wurde am Freitagabend vom OMV-Aufsichtsrat auf drei Jahre mit Verlängerungsoption um zwei Jahre bestellt. Er tritt seinen neuen Job am 1. Juli an. Die Sondersitzung dauerte nicht sehr lange. Die beiden syndizierten Hauptaktionäre, die Republik Österreich und der Staatsfonds von Abu Dhabi (IPIC), waren sich einig. Der KURIER berichtete als erstes Medium online. Seele war noch am Vorabend bei Finanzminister Hans Jörg Schelling zum Gespräch.

Seele studierte an der Universität Göttingen Chemie und begann seine Karriere in der Forschungsabteilung von BASF. 2002 zog er in den Vorstand von Wintershall ein, wo er im Oktober 2009 den Vorsitz übernahm.

Wintershall ist Deutschlands größter Erdölproduzent mit mehr als 2500 Mitarbeitern in 40 Ländern und einer der engsten Partner des russischen Energieriesen Gazprom. Beide Unternehmen haben einige Joint-Ventures miteinander, Wintershall fördert auch direkt in Sibirien. Das Unternehmen ist hoch profitabel und fuhr im Vorjahr einen Gewinn nach Steuern und Anteilen von 1,464 Milliarden Euro ein. 2013 waren es sogar 1,73 Milliarden.

Von der Dimension her ist Wintershall verglichen mit der OMV allerdings ein mittelständisches Unternehmen. Und wird vom Mutterkonzern BASF dirigiert. Brancheninsider fragen sich bereits, warum bei der OMV ausgerechnet ein Manager mit einer derart engen Bindung an Russland das Steuerruder übernimmt. Trotz aller Dementis werden Gazprom hartnäckig unfreundliche Beteiligungsabsichten bei der OMV nachgesagt.

Das Prozedere rund um die Bestellung von Seele entsprach nicht ganz den Usancen, wie solche Entscheidungen bei börsenotierten Großunternehmen professionell gemanagt werden. Für das Thema war der Präsidial- und Nominierungsausschuss des Aufsichtsrates zuständig. Die beiden österreichischen Vertreter sind Rudolf Kemler, als Übergangs-Geschäftsführer der neuen Staatsholding ÖBIB noch an der Spitze des OMV-Aufsichtsrates, sowie der Unternehmer Wolfgang C. Berndt. Die restlichen Aufsichtsratsmitglieder wurden erst am Vorabend überhaupt über den Namen des Kandidaten informiert. Noch wenige Stunden vor der entscheidenden außerordentlichen Sitzung am Freitag gab es keine aufbereiteten Unterlagen.

Die Shortlist mit den Final-Kandidaten des mit der CEO-Suche beauftragten Headhunters Korn Ferry bekamen selbst Kapitalvertreter im Aufsichtsrat nie zu sehen. Eine absolut unübliche Vorgangsweise. Unabhängige Aufsichtsräte sollen sich jedenfalls sehr gewundert und nicht mit Kritik gespart haben.

Seltsam ist auch der Zeitdruck, der bei der Entscheidung über die Nachfolge von Roiss gemacht wurde. Man kann davon ausgehen, dass der Wintershall-Chef auch noch später zur Verfügung steht. Auf der OMV-Hauptversammlung am 19. Mai muss Kemler von der Spitze des Aufsichtsrates abtreten. Er wird voraussichtlich vom designierten Aufsichtsrat und Mondi-Chef Peter Oswald abgelöst. Oswald war am Freitag informell dabei. Ebenso wie die ehemalige Notenbankerin Gertrude Tumpel-Gugerell, die ebenfalls als neue OMV-Aufsichtsrätin nominiert ist.

Die Ex-Direktorin der Europäischen Zentralbank wird auf der Hauptversammlung den Ölmanager und Kemler-Vertrauten Roy Alexander Franklin ablösen.

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Rainer Seele. Wintershall
Seit Oktober 2009 leitet der Chemiker die Wintershall Holding GmbH in Kassel. Sein Chemiestudium an der Universität Göttingen erweiterte Seele um eine Promotion und widmete sich zunächst der chemischen Forschung bei der BASF in Ludwigshafen.

Zwischen 1987 bis 1996 arbeitete er in verschiedenen Positionen, bevor Seele 1996 zum Leiter der Stabseinheit Forschungsplanung und Controlling des BASF Hauptlaboratoriums berufen wurde. 1996 kam er als Leiter der Strategischen Planung zur Wintershall nach Kassel, von wo er im Jahr 2000 zur Tochtergesellschaft WINGAS wechselte, um hier die Geschäftsführung und die Leitung des Vertriebs zu übernehmen.

Als Sprecher der Geschäftsführung trug er ab 2002 vor allem die Bedeutung der russischen Zusammenarbeit für die Gasversorgung in Europa an die Öffentlichkeit. 2002 wurde Seele zudem als Verantwortlicher für den Erdgashandel Mitglied des Vorstandes bei der Wintershall und ist hier seit Oktober 2009 Vorstandsvorsitzender.

Die OMV-Aktie hat schon deutlich bessere Zeiten erlebt. Gemeinsam mit dem Ölpreis ging es mit dem Kurs seit dem Sommer des Vorjahres bergab. Die Talfahrt endete Mitte Dezember bei knapp über 20 Euro, seither geht es – schleppend, aber doch – wieder bergauf. Am Freitag wurde die OMV-Aktie für rund 25 Euro gehandelt

Den meisten Optimismus für die Aktie bringen die Analysten der Raiffeisen Centrobank auf. Sie haben das Kursziel (auf Jahressicht) von 27 auf 28,75 Euro angehoben und ihre Kaufempfehlung bestätigt. Andere Analysehäuser setzen das OMV-Kursziel dagegen nur bei 22 bis 23,50 Euro an.

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