Deutsche Firma ins Ausland verkauft: Berlin reagiert

Kuka wurde durch die chinesische Hersteller Midea übernommen.
Wenn wichtiges Know-how ins Ausland verloren geht, soll der Verkauf untersagt werden können. Aus der Wirtschaft kommt Kritik.

Die deutsche Regierung plant laut Süddeutscher Zeitung für bestimmte Fälle ein Vetorecht bei Firmenübernahmen. Der Verkauf deutscher Unternehmen soll künftig untersagt werden können, wenn dadurch wichtiges Know-how ins Ausland verloren ginge, wie das Blatt im Voraus berichtete.

Das gehe aus einer Verordnung des Wirtschaftsministeriums hervor, die an diesem Mittwoch das Bundeskabinett passieren solle, hieß es weiter. In den neuen Regeln werde erstmals konkret eine "Gefährdung der öffentlichen Ordnung" durch Firmenübernahmen definiert. Dies sei etwa der Fall, wenn es um sogenannte kritische Infrastruktur gehe. Deren Betreiber sollten gegebenenfalls besser vor dem Einstieg von Investoren von außerhalb der EU geschützt werden.

Überprüfungen sollen länger dauern

Dies gelte ebenso für Softwarefirmen, die Programme für Strom-oder Telekomnetze, Kraftwerke, Wasserversorgung, Banken, Krankenhäuser, Flughäfen oder Bahnhöfe entwickeln. Auch für Unternehmen mit Zugriff auf Daten, die in Clouds abgelegt wurden, sollen verschärfte Übernehmeregeln gelten, wie es in dem Pressebericht heißt.

Demnach kann sich die deutsche Regierung mit der Überprüfung der Verkaufspläne künftig vier Monate Zeit lassen und damit doppelt so lange wie bisher. Auch Informationen von Geheimdiensten könnten einfließen. Untersucht werden solle ferner, ob für eine Übernahme Scheinfirmen innerhalb der EU gegründet wurden.

"Wir sind zwar eine offene Volkswirtschaft, aber wir sind nicht naiv."

Die Verordnung ist dem Blatt zufolge eine Reaktion auf die mehrheitliche Übernahme des Roboter- und Anlagenbauers Kuka durch den chinesischen Haushaltsgeräte-Hersteller Midea im vergangenen Jahr. Im Dezember hatte ein Investor aus China den Kauf des Chipanlagenbauers Aixtron abgeblasen, nachdem die US-Regierung die Übernahme von Aixtrons US-Geschäft wegen Sicherheitsbedenken blockiert hatte.

Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig sagte der Zeitung: "Wir wissen, dass es kritische Infrastrukturen gibt, die für Investoren attraktiv sind." Der SPD-Politiker ergänzte: "Wir sind zwar eine offene Volkswirtschaft, aber wir sind nicht naiv."

Kritik aus der Wirtschaft

Es gibt aber auch heftige Kritik aus der Wirtschaft. „Ein Außenwirtschaftsrecht, das Investitionen mehr und mehr blockiert, lehnt der BDI ab“,erklärte Stefan Mair von der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am Mittwoch. „Wir fordern, dass Deutschland sich klar als ein für ausländische Investoren offenes Land präsentiert.“ Drei Millionen Personen würden in Deutschland für Unternehmen in ausländischer Hand arbeiten.Dass viele Bereiche der Wirtschaft als kritische Infrastruktur eingestuft würden, sei problematisch. „Dies macht den Investitionsstandort Deutschland weniger attraktiv“, sagte Mair. „Sinnvoller wäre es, wenn die Bundesregierung den Druck auf ausländische Regierungen verstärkt, die ihre Märkte für Handel und Investitionen noch nicht so weit geöffnet haben wie wir.“

Auch der CDU-Wirtschaftsrat kann dem größeren Vetorecht nichts abgewinnen. „Deutschland macht sich unglaubwürdig“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. „Vergangene Woche rufen wir auf dem G20-Gipfel zu einem Bekenntnis zu Freihandel und offenen Märkten auf und im Anschluss bauen wir selbst Schranken auf.“
Unternehmenskäufe seien eine privatwirtschaftliche Angelegenheit und unterlägen der Entscheidung von Geschäftsführern und Anteilseignern.

Firmen kommen schwieriger an Eigenkapital

Kritik kommt auch von der Investmentbank Goldman Sachs, die viele Fusionen und Übernahmen begleitet. „Für deutsche Technologieunternehmen bedeutet das, dass sie schwerer an Eigen- und Risikokapital kommen könnten, um Wachstum zu finanzieren“, sagte Goldman-Sachs-Partner Alexander Mayer der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Gefahr besteht darin, dass die Bewertung bestimmter Vermögenswerte leiden könnte, wenn Anleger befürchten, dass die Regierung deutsche Unternehmen vor Übernahmen schützen will.“ Freie Kapitalmärkte dürften keine Einbahnstraße sein.Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte, die Firmen-Belange nicht aus den Augen zu verlieren. „In diese sensible Abwägung sollte die Bundesregierung die deutsche Wirtschaft, die sie schützen will, stärker einbeziehen“, forderte der stellvertretende
DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. „Denn der Teufel steckt hier im Detail.“Das Kabinett gab am Mittwoch grünes Licht für eine Regierungsverordnung, mit der einer Abwanderung wichtigen Know-Hows ins Ausland leichter ein Riegel vorgeschoben werden kann. Darin wird erstmals konkret eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch Firmenübernahmen definiert. Dies ist etwa der Fall, wenn es um sogenannte kritische Infrastruktur geht - von Krankenhäusern bis zu Stromnetzen und
Cloud-Computing-Diensten. Deren Betreiber sollen gegebenenfalls besser vor dem Einstieg von Investoren von außerhalb der EU geschützt werden.

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