Der Vatikan gegen das Primat der Banken

Ungewöhnliche Verbündete in der Krise: Der Vatikan mahnt - wie die "Occupy"-Bewegung - mehr Regeln für Banken an.

Wir machen weniger Lärm", räumte Bischof Mario Toso in Rom ein. Doch inhaltlich sei man mit den Forderungen der "Occupy-Wall-Street"-Bewegung durchaus auf einer Linie. Tatsächlich steht der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden des Vatikan, der jetzt einen 40-seitigen Forderungskatalog vorlegte, den radikalen Wünschen der Protestbewegung in ihrer Radikalität kaum nach.

Das ganze internationale Finanzsystem müsse grundlegend reformiert werden, heißt es in dem Schreiben. Angesichts der übergroßen Macht der Banken müsse wieder das Primat von Ethik und Politik hergestellt werden. "Die Menschen, die darunter leiden, wie die Finanzmärkte derzeit operieren, haben das Recht zu sagen: Macht eure Geschäfte anders", zeigte auch Kardinal Peter Turkson Sympathie für die "Occupy-Wall-Street"-Bewegung. "Wenn Menschen Regierungen zur Verantwortung ziehen können, warum können wir dann nicht auch andere Institutionen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie uns nicht dabei helfen, gut und friedlich zu leben?", sinnierte der aus Ghana stammende Turkson. Als einen der Hauptgründe für die derzeitige Finanzkrise nennt der Vatikan das unverhältnismäßige Wachstum der Finanzmärkte im Gegensatz zum geschrumpften Wirtschaftswachstum.

Globale Zentralbank

Kardinal Turkson, Leiter des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden und immer wieder als der erste, mögliche schwarze Papst im Gespräch, sieht das Dokument als "Denkanstoß". Darin wird eine "Globale Zentralbank" eingefordert, die gegen "unkontrollierbare Schattenmärkte" vorgehen und für die "Einhaltung ethischer Mindeststandards" sorgen soll. Leiten könnte solch eine Institution die UNO, schlägt das Vatikan-Papier vor.

Doch man geht noch weiter: Eine Finanztransaktionssteuer müsse ebenso eingeführt werden wie eine bessere Kapital-Ausstattung der Banken. "Auf diese Weise können waghalsige Finanzgeschäfte verhindert und die Entwicklung der realen Wirtschaft gefördert werden", heißt es in dem Dokument. Gefordert wird auch ein Vorgehen gegen Steueroasen und Off-Shore-Handelsplätze.

Ethisches Handeln

Papst Benedikt XVI. hat den Text bisher noch nicht zu Gesicht bekommen, es ist also kein offizielles Papst-Dokument. Doch Kardinal Turkson und seine Mitautoren beziehen sich ausdrücklich auf die dritte Enzyklika des Papstes "Caritas in veritatae". Darin urgierte das Oberhaupt der katholischen Kirche schon vor zwei Jahren eine Erneuerung der Strukturen und Funktionsweisen des Finanzwesens: "Die Finanzmakler müssen die eigentlich ethische Grundlage ihrer Tätigkeit wiederentdecken, um nicht jene hoch entwickelten Instrumente zu missbrauchen, die dazu dienen können, die Sparer zu betrügen", hatte Benedikt XVI. verlangt.

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