Der Schmäh beim Wein mit der „Ersten Lage“

Die Lage der Reben kann zur Qualität des Weins beitragen (im Bild steirische Weinstraße)
Viele Winzer werben mit der Lage der Weingärten. Diese sagt aber wenig über die Qualität der Tropfen aus.

Wenn bei Weinen die Frage nach der Lage gestellt wird, bezieht sie sich entweder auf die aktuelle Ernte- bzw. Preissituation. Oder aber auch auf die Lage der Rebstöcke. Zweiteres wird immer bedeutender, zugleich aber auch umstrittener.

Der neue Trend in der heimischen Weinwirtschaft sind Lagenklassifizierungen, wie sie etwa in Frankreich mit Premier Cru und Grand Cru üblich sind. Für die französische Weinwirtschaft sind solche Lagenklassifizierungen seit vielen Jahren ein wirkungsvolles Marketinginstrument und bare Münze Wert. Weine mit einer derartigen Auszeichnung lassen sich höherpreisig verkaufen.

Besondere Auszeichnung

Auch in Österreich orientieren sich immer mehr Winzer am französischen Vorbild. Auf der Flasche steht dann nicht nur die Rebsorte sowie die Herkunft, der Jahrgang und die Ried. Als besondere Auszeichnung vergeben die Traditionsweingüter auch die Klassifizierung „Erste Lage“ und „Große Lage“.

Mehr Information

Für den renommierten Wiener Winzer Fritz Wieninger ist die Lagenklassifizierung „eine zusätzliche Information für den Konsumenten“. Er verweist auf den Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter. Die Mitglieder haben 2012 eine Klassifikation beschlossen, bei der die Bezeichnungen „Erste Lage“ und „Große Lage“ vergeben werden. Auch die Steirischen Terroir und Klassikweingüter (STK) arbeiten mit einem solchen System.

Ob Lagenklassifizierungen wirklich mehr Information für die Konsumenten bedeuten, darüber gehen die Meinungen auseinander. Denn klassifiziert wird nicht die Qualität des Weins in der Flasche, sondern nur das Potenzial des Weingartens. Wenn etwa witterungsbedingt die Qualität eines Jahrgangs sinkt, steht weiterhin „Erste Lage“ auf der Flasche. Das erleichtert den Absatz und sorgt für stabil hohe Preise.

Zwei Klassen

Der Obmann der Vinea Wachau, Emmerich Knoll Junior, sieht es pragmatisch. „Lagenbezeichnungen sind in Wirklichkeit eine Marketingstrategie. Durch private Systeme werden zwei Klassen von Weinbaubetrieben geschaffen. Solche mit Lagenklassifizierungen und welche ohne Lagenbezeichnungen. In der Wachau ist die Klassifizierung derzeit kein Thema.“

Die Traditionswinzer und die STK, zwei private Vereine, vergeben die Lagenklassifizierungen derzeit selbst. Heuer wurden mehr als 70 Weingärten von den Traditionswinzern als „Erste Lage“ auserkoren. Dieses Geschäftsmodell verbreitet den strengen Geruch von Eigenlob, auch wenn sich die Winzer redlich bemühen, nur die besten Lagen auszuzeichnen.

Der Schmäh beim Wein mit der „Ersten Lage“

Wein aus „Erster Lage“ des bekannten Wiener Winzers Wieninger

Alles ist möglich

Zumal es jeder kopieren kann. Es reicht, wenn sich einige Winzer zu einem Verein zusammenschließen und sich Klassifizierungen ausdenken. „Großartige Lage“ oder vielleicht „Wunderbares Terroir“, alles ist möglich. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

In Frankreich gibt es hingegen strenge Regeln. Im Burgund existiert seit mehr als 80 Jahren ein Klassifizierungssystem. Dort wird die Bewertung der Lagen nicht in Eigenregie, sondern von einer staatlichen Behörde, dem Institut National des Appelations d’ Origine, durchgeführt. Nur etwa zehn Prozent der Weinproduktion im Burgund sind als Premier Cru klassifiziert. Als Grand Cru dürfen gar nur knapp zwei Prozent bezeichnet werden.

Knoll hält es für besser, wenn in Österreich die regionalen Weinkomitees statt privater Vereine die Klassifizierungen übernehmen. Eine gesetzliche Grundlage zur Lagenklassifizierung hält auch Armin Tement vom südsteirischen Weingut Tement für „absolut notwendig“. Die Klassifizierung sollte für alle Winzer zugänglich sein. Die STK, bei der auch Tement Mitglied ist, haben mit ihren bisherigen Klassifizierungen „Vorarbeiten geleistet“.

Massiver Druck

Willi Klinger, Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing (ÖWM), ist skeptisch. Er befürchtet, dass es dann einen massiven Druck auf die Mitglieder der regionalen Weinkomitees geben wird, möglichst viele Klassifizierungen zu vergeben. Alle Regionen, die keine solchen Klassifizierungen haben, werden aus ökonomischen Gründen welche einfordern.

Derzeit ist noch nichts entschieden. Eine Arbeitsgruppe im Weinbauverband überlegt, ob und wie ein gesetzlicher Rahmen für solche Klassifizierungen geschaffen werden kann. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

Flächendeckendes System

Eine anderes Klassifizierungssystem für heimischen Wein gibt es bereits. Seit Jahren bemüht sich die ÖWM in Österreich mit Erfolg, ein weitgehend flächendeckendes DAC-System (Districtus Austriae Controllatus) für gebietstypische Qualitätsweine umzusetzen. Zuletzt wurden in der Steiermark DAC Systeme eingeführt.

Wegen der sehr kleinteilig strukturierten heimischen Weinwirtschaft macht es durchaus Sinn gebietstypische Weinsorten herauszustellen. Das erleichtert das Marketing im Ausland. Ob zwei parallel laufende Klassifizierungssysteme sinnvoll sind, ist eine andere Frage.

Der Schmäh beim Wein mit der „Ersten Lage“

Willi Klinger

„Kunden legen  Wert auf große Auswahl“

Preisverleihungen sind bekanntermaßen gut für das Geschäft. Im Juni dieses Jahres  gewann  der 2017 Chardonnay Classic vom Weingut 10er Vock bei der Salonwein-Blind-Verkostung in der Kategorie Burgunder klassisch. „Wir haben nicht damit gerechnet“,   erinnert sich  Franz Vock. Mitte September war der Chardonnay  bereits ausverkauft. „Es ist Kundschaft dazugekommen“,   freut sich   der Winzer  über den Erfolg.

Seit dem 17. Jahrhundert ist die Familie Vock in Hohenruppersdorf  (Niederösterreich) im Weinbau aktiv. Die rund  15 Kilometer südlich von Mistelbach gelegene Ortschaft  markiert das östliche Ende des Weinanbaus.  Noch weiter  Richtung Staatsgrenze  dominieren  Getreidefelder  die Landschaft.  

Wohlfeile Preise

Trotz des Erfolgs beim Salon Wein  2018 und diversen Goldmedaillen für ihre Weine haben Franz und Claudia Vock  die wohlfeilen Preise von rund sechs Euro pro Flasche  nicht angehoben. Etwa  30.000 Flaschen  werden jedes Jahr produziert. Achtzig Prozent davon werden ab Hof verkauft. Die Gastronomie spielt  trotzdem derzeit  allerdings  noch kaum eine Rolle. „Wir sind sehr stark am Privatsektor  unterwegs“, beschreibt Vock die Kundschaft.

Die breite Palette unterschiedlicher Weine sei kein Zufall, sondern Geschäftsstrategie, betont der Winzer: „Die Kunden legen nun mal Wert auf eine  große Auswahl.“  Neben Chardonnay, Grüner Veltliner, Welschriesling und Weißburgunder sind auch Rotweine wie etwa Zweigelt im Angebot.

Weinklassifizierungen sind  nicht nur für das Marketing, sondern auch für die Qualität  von Vorteil.  Dass es im Weinviertel schon länger Grünen Veltliner DAC gibt,  hält Vock für eine gute Sache.  „DAC hat etwas gebracht und die Qualität  gehoben.“   

www.weingut10er-vock.at 

 

 

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Weingut Vock

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