Der Pallawatsch in der Wettbewerbsbehörde
Teuerung, Energiekrise, Baukartell – die Wettbewerbsbehörde hat Hochbetrieb. Doch eine der wichtigsten Behörden des Landes hat seit eineinhalb Jahren keine fixe Leitung – nur eine interimistische. Eine Lösung des parteipolitischen Gezerres ist immer noch nicht absehbar.
Die Sache stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Der langjährige BWB-Chef Theodor Thanner verabschiedete sich im November 2021. Sein Rückzug kam nicht überraschend.
ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck war drauf und dran, die selbstständige und ambitionierte Truppe, die sich naturgemäß mit ihrer Arbeit in Wirtschaftskreisen unbeliebt macht, budgetmäßig auszuhungern und an die Kandare zu nehmen.
Ein Thanner dürfe kein zweites Mal passieren, hörte man in Insiderkreisen.
„Die BWB ist der ÖVP schon lange ein Dorn im Auge. So hat Schramböck versucht, die Kompetenzen zu beschneiden“, sagt Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker.Schramböck glaubte offenbar, den genehmen Nachfolger in der Person von Michael Sachs, 62, gefunden zu haben.
Der Vize-Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) begann seine Karriere beim heute noch in der ÖVP einflussreichen Wolfgang Schüssel. Wobei, Thanner und dessen Vorgänger Walter Barfuß waren ebenso wie Sachs CVer.
Dem CV gehört auch Jörg Zehetner an, renommierter Kartellrechtsanwalt. Er sitzt aufgrund seiner Expertise seit 2018 der Wettbewerbskommission vor, welche die BWB berät. Schramböck machte Zehetner 2022 auch zum Vorsitzenden der Begutachtungskommission für die BWB-Chefsuche.
Ursprünglich sollte die Ehefrau von Sachs in die Kommission, sie sagte aber vor der ersten Sitzung ab. Ebenfalls in der Kommission war der Gewerkschafter (GÖD) und Wiener ÖVP-Abgeordnete Hannes Taborsky. Elisabeth Udolf-Strobl, ÖVP-nahe Sektionschefin im Wirtschaftsministerium, erklärte sich wegen privater Freundschaft mit Sachs befangen und trat zurück.
Sachs gewann das Rennen mit einem Punkt Vorsprung vor Thanners Stellvertreterin Natalie Harsdorf-Borsch, die Entscheidung war nicht einstimmig. Die parteifreie Expertin leitet die BWB interimistisch und macht ihren Job gut, wie ihr von allen Seiten attestiert wird.
Die Grünen halten Harsdorf-Borsch für wesentlich besser qualifiziert und holten bei Anwalt Meinhard Novak ein Gutachten ein. Ergebnis: Vergaberechtler Sachs habe zu wenig Erfahrung im Wettbewerbsrecht.
Schramböck ist Geschichte, sie ist angeblich als Beraterin am Golf unterwegs. Nachfolger Martin Kocher erbte die heiße Kartoffel. Das Wirtschaftsministerium ließ beim deutschen Rechtsprofessor Torsten Körber für 10.000 Euro ein Gegengutachten machen. Der Professor hatte allerdings keine Bewerbungsunterlagen, sondern konstatierte lediglich, dass auch das Vergaberecht unter das Wettbewerbsrecht falle. Ein Kunstgriff, der Sachs zugute käme.
Kleine Szene
Zehetner musste sich den Vorwurf gefallen lassen, mit Sachs befreundet zu sein. Er sei zwar per Du, so wie übrigens mit allen drei gereihten Kandidaten, aber nicht befreundet, kontert Zehetner. Die Szene ist klein, man kennt sich.
Zehetners Kanzleipartner Georg Karasek ist Präsident der Ögebau, der Österreichischen Gesellschaft für Baurecht und Bauwirtschaft. Dort war Sachs einige Jahre im Vorstand. Die Ögebau sei keine Lobbying-Organisation und arbeite primär wissenschaftlich, sieht Zehetner keine Unvereinbarkeit.
Dass er Mandanten in Wettbewerbscausen habe, sei kein Problem. Er sei ja gerade aufgrund seiner Fachkenntnis nicht nur in die Wettbewerbskommission, der er seit 5 Jahren vorsitzt, sondern auch in die Bewertungskommission berufen worden.
Gehe es in der Kommission um einen seiner Klienten, verlasse er den Raum, betont Zehetner. Er hält Sachs für den „zweifellos besten Kandidaten“, es habe niemals eine politische Intervention gegeben, das hätte er auch nicht geduldet, sagt Zehetner auf den Vorwurf, sich als Wettbewerbs-Anwalt praktischerweise gleich selbst einen willfährigen BWB-Chef ausgesucht zu haben. Für ihn persönlich mache es auch keinen Unterschied, wer Generaldirektor wird, er hätte mit allen drei gereihten Kandidaten sehr gut leben können. Aber es könne eben nur eine erstgereihte Person geben.
Minister Kocher seit "hier nicht der Pilot seines Ressorts. Er hat die Baustelle von Schramböck übernommen. Warum er zulässt, dass sein Kabinett deren Spiel weiterspielt, leuchtet überhaupt nicht ein", kritisiert Loacker. Außerdem sei die Dauer des Verfahrens "eine Zumutung für alle Bewerberinnen und Bewerber". Warum mache Kocher "einem ÖVP-Kandidaten die Mauer, der offensichtlich weniger Erfahrung aus dem Wettbewerbs- und Kartellrecht alsFrau Harsdorf-Borsch mitbringt".
Bei Kocher beruft man sich darauf, dass die Kommission unabhängig sei. Man habe das Ergebnis und das Gutachten an das Bundeskanzleramt weitergeleitet, dort liege die Entscheidung.
Nix geht weiter
Solange die Grünen nicht zustimmen, geht die Angelegenheit nach wie vor nicht in den Ministerrat. Die Zeit spiele für Harsdorf-Borsch, je länger sie die BWB leite, desto besser würden ihre Chancen, hofft man bei den Grünen.
Ebenfalls offen ist die Leitung des BVwG. Sachs bewarb sich auch dort, kam aber als Vize-Präsident nicht einmal ins Hearing. In Politkreisen wird eine Junktimierung der beiden Posten vermutet.
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