Der langsame Abschied von der Nullzins-Politik
Die Umfragen bei Managern und Konsumenten ergeben in Europa und den USA ein ähnliches Bild: Die Stimmung ist blendend. "Vielleicht ist da zuviel Euphorie drinnen", sagt Gunter Deuber, Volkswirtschafts-Experte in der Raiffeisen Bank International (RBI). Doch auch wenn die tatsächliche Konjunktur nicht ganz die Erwartungen erfüllen kann: Die Wirtschaft nimmt Tempo auf. Die USA werden heuer von 1,6 auf 2,4 Prozent Wachstum beschleunigen, die Eurozone immerhin von 1,7 auf 1,9 Prozent. Deuber: "Die Frage ist: Rechtfertigt das Konjunkturbild noch die Zinspolitik der EZB?"
Zurückhaltung
Vor der EZB-Sitzung im Juni werden sich die Währungshüter allerdings zurückhalten – auch wegen der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Dann werde man zwar noch nicht die Geldpolitik, aber doch die Wortwahl ändern. Bei der September-Sitzung könnte dann angekündigt werden, wie und wann die Anleihenkäufe zurückgefahren werden. Eine erste Erhöhung des Euro-Leitzinssatzes, der bei null Prozent liegt, erwartet Analyst Deuber erst im zweiten Halbjahr 2018.
Vielleicht ein doch nicht so rasantes Wachstum wie erhofft, gepaart mit der Einsicht, dass die Nullzinspolitik und die Wertpapierkäufe der EZB ein Ende finden werden: Das werde im zweiten Halbjahr zu Kursverlusten bei Anleihen führen, lautet die RBI-Prognose. "Im deutlichen einstelligen Prozentbereich", meint Deuber.
Gut für die Letztverbraucher: Die Inflation dürfte doch nicht so deutlich hochspringen wie befürchtet. In der Eurozone werde es heuer eine Teuerung von 1,8 Prozent geben (nach 0,2 Prozent im Vorjahr). Die ersten Werte aus Deutschland zeigen die Wirkung des nachlassenden Ölpreisschubes. Im März dürfte die deutsche Inflation 1,6 Prozent ausgemacht haben, nachdem sie im Monat davor auf 2,2 Prozent gesprungen war – den höchsten Wert seit Mitte 2012.
USA
In den Vereinigten Staaten liegt der Leitzins aktuell bei 0,75 bis 1,00 Prozent. Für heuer werden noch zwei bis drei Zinserhöhungen erwartet. Auch bei der Inflation sind die USA flotter unterwegs. Sie dürfte heuer von 2,0 auf 2,5 Prozent steigen.
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