Der Krieg der Steine: Was es mit dem Lego-Streit auf sich hat
LEGO, der größte Spielzeughersteller der Welt, geht aktuell mit aller Härte gegen kleinere Konkurrenten vor. Hilfe erhalten die ausgerechnet von Youtubern, deren Fans nun spenden.
"Welt, seid mir gegrüßt" – mit dieser Floskel beginnt Thomas Panke fast alle Videos, die er auf seinem Youtube-Kanal "Held der Steine Inh. Thomas Panke" hochgeladen hat. Der großgewachsene, aufgedrehte Mann ist eigentlich Inhaber eines LEGO-Fachhandels. Im Netz stellt er die beeindruckendsten neuen Modelle vor und erreicht damit regelmäßig hunderttausende Fans. Trotzdem erhält der "Held" immer wieder unfreundliche Briefe von den Anwälten des dänischen Spielzeugriesen. Und er ist in der Szene bei weitem nicht der Einzige.
Warum? Weil LEGO seit knapp einem Jahr enormen Aufwand betreibt, um kleinere Konkurrenten aus dem Markt zu drängen. Dabei geht der Konzern auch gegen Youtuber wie Panke vor, die immer öfter Produkte anderer Hersteller bewerten – und zwar meist besser als das hochpreisige Original aus Dänemark.
Der Streit hat inzwischen zur Festsetzung eines Baustein-Containers durch den deutschen Zoll sowie einer Spendenaktion geführt, bei der schon mehr als 375.000 Euro zusammengekommen sind. Achja, und auf dem Youtube-Kanal von LEGO selbst sind inzwischen keine Kommentare mehr gestattet.
LEGO-Stein ist keine Marke
Aber von Anfang an: Im September 2010 entscheidet der Europäische Gerichtshof im Streit zwischen LEGO und einem kanadischen Konkurrenten, dass die charakteristischen Bausteine keine geschützte Marke sind. Deren Form sei nämlich aus Gründen der Funktionalität, nicht des Designs, gewählt worden. Die diesbezüglichen LEGO-Patente seien zudem seit den 1970ern ausgelaufen.
Für die Dänen war die Entscheidung ein Supergau, sie öffnete Nachahmern Tür und Tor. In den letzten zehn Jahren schossen weltweit einige davon aus dem Boden, darunter die Unternehmen Bluebrixx aus Deutschland, Cobi aus Polen sowie die chinesischen Hersteller BangBao und Qman.
LEGO hat aber nach wie vor die geschützten Markenrechte für das Design der berühmten Spielfiguren sowie für den eigenen Markennamen. Man scheint sich in der Konzernzentrale im dänischen Billund dazu entschieden zu haben, diese Rechte als Waffe nutzen zu wollen.
Das Imperium schlägt zurück
So flattern seit einigen Jahren bei so ziemlich allen, die im Baustein-Kosmos ihr Geld verdienen, regelmäßig Briefe der LEGO-Anwälte ins Haus. Sogar Thomas Panke erhielt vor knapp einem Jahr eine erste Abmahnung, weil er LEGO-Produkte in seinen Videos schlecht bewertet hatte. Im Jänner erhielt er wieder Post, diesmal wurden ihm Markenrechtsverletzungen vorgeworfen, da er den Namen "LEGO" in seinen Videos als Gattungsbegriff verwendet hatte. Der richtige Begriff wäre übrigens "Klemmbausteine".
Der "Held" musste also die betroffenen Videos löschen und den Sachverhalt in einem eigenen Video richtigstellen, das inzwischen mehr als 2,5 Millionen Klicks generiert hat: "Sagt LEGO bitte wirklich nur zu Produkten von LEGO. Zum Beispiel: 'Dieses schlechte Produkt ist von LEGO'", meint Panke dort. "Die weinen sonst alle, die Dänen!"
Für Panke ist trotzdem kein großer finanzieller Schaden entstanden, damit geht es ihm besser als den meisten anderen, die Briefe von LEGO erhalten.
Ein Händler am Rande des Ruins
Vorhang auf für unseren zweiten Protagonisten: Thorsten Klahold, seines Zeichens Importeur und Händler alternativer Klemmbausteinprodukte – und ebenfalls Youtuber. Auf seinem Kanal "Johnny’s World" veröffentlichte Klahold vor knapp zwei Wochen ein 36-minütiges Video, in dem er erklärt, wie LEGO ihn im Grunde seines Geschäfts beraubt.
Klahold importiert vor allem Waren des Herstellers Qman aus China und versorgt damit deutsche Händler. Seit Anfang März wird einer seiner Container mit einem Wareninhalt von knapp 60.000 Euro vom deutschen Zoll festgehalten, weil LEGO dort den Verdacht auf Markenrechtsverletzungen hinterlegt hat. Solange die Ware dort festhängt, steht Klahold auf einer Beobachtungsliste des Zolls, kann nicht weiter importieren und somit kein Geschäft machen.
Er rief deshalb eine Spendenaktion ins Leben – nicht für sich selbst, sondern um alternative Bausteinsets für Kinderheime zu bestellen. "Damit wollen wir ein Signal an LEGO senden, dass ihre Firmen-, Preis- und Produktpolitik nicht mehr zu der Firma passt, die sie in unserer Kindheit einmal war", heißt es in dem Spendenaufruf, bei dem inzwischen bereits mehr als 375.000 Euro zusammengekommen sind.
Inzwischen hat Klahold zwar schon 83 Prozent der beschlagnahmten Ware zurückerlangen können, knapp 2.335 Sets hängen aber noch immer fest. Für LEGO ist das gesamte Vorgehen der letzten Jahre inzwischen zu einem einzigen PR-Desaster verkommen. Der Shitstorm im Netz war so gewaltig, dass der Konzern sich inzwischen gezwungen sah, auf jedem seiner eigenen Youtube-Videos die Kommentarfunktion zu deaktivieren.
Vielleicht hätte man sich nicht gegen Menschen wie Panke oder Klahold wenden sollen. Sie beide waren irgendwann einmal so große LEGO-Fans, dass sie im Grunde ihr ganzes Leben auf die kleinen Bausteine ausgerichtet haben. Mittlerweile wettern beide gegen den Konzern ihrer Kindheit und preisen die Produkte günstigerer Hersteller. Sie sind nicht die Einzigen.
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