Datenschutz immer komplexer - auf die DSGVO folgt ePrivacy
Knapp 300 Tage sind seit der Einführung der berüchtigten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vergangen: Seit 25. Mai 2018 hält das komplizierte Regelwerk die Unternehmen auf Trab. Und Konsumenten, die mit einer Flut an Einwilligungserklärungen konfrontiert werden.
„Wir begrüßen es als Branche grundsätzlich, dass Daten als der Rohstoff der Zukunft reguliert werden“, sagte Robert Bodenstein, Sparten-Obmann Information und Consulting in der Wirtschaftskammer, am Dienstag. Seine Sorge sei, dass überschießende Regeln Geschäftsmodelle in Europa gefährden.
Der nächste Anlassfall lauert nämlich um die Ecke: die ePrivacy-Verordnung, die Bereiche wie elektronische Datenverarbeitung, Werbe-eMails oder Telefonbücher regelt. Das EU-Parlament hat Position bezogen, jetzt beraten die EU-Mitgliedstaaten im Rat. Dann würde über Kompromisse verhandelt – was sich ziehen kann. Angesichts der EU-Wahlen ist eine Einigung vor 2020 unwahrscheinlich.
„Vernaderung“
Fest steht schon so viel: Einfacher wird das Thema Datenschutz nicht. „Das hätte starke Auswirkungen für Webshops“, warnt Bodenstein. „Wir müssten uns von komfortablen Onlineshops, wie wir sie kennen, verabschieden.“ Er befürchtet Wettbewerbsnachteile, welche die Kunden „zu den großen Amazons der Welt treiben“.
Europäische Werbetreibende würden 30 Prozent der Etats für Onlinewerbung an die übermächtigen US-Player verlieren, warnt die Wirtschaftskammer.
Konkret geht es um zielgruppenorientierte Werbung, die durch Cookies ermöglicht wird. Das sind kleine Textdateien, die auf dem Computer des Anwenders abgelegt werden und dessen Vorlieben speichern.
Der ursprüngliche Vorschlag war, dass solche Cookies im Internetprogramm (Browser) ein für alle Mal abgelehnt werden könnten, etwa gleich bei der Installation. Dagegen läuft die Branche Sturm – es würde angeblich werbefinanzierte Webseiten verunmöglichen.
1600 Beschwerdefälle
Durch ePrivacy käme es zu Überschneidungen mit der DSGVO. Dort sieht Bodenstein „99,9 Prozent der Betriebe auf dem richtigen Weg“. Seit Mai 2018 seien 1600 Beschwerdefälle bei der Datenschutzbehörde (Stand Jänner) eingelangt. Davon seien noch internationale Fälle abzuziehen. Und von den Anzeigen seien „bis zu 80 Prozent Vernaderungen“.
Geldstrafen habe es in Österreich erst fünf gegeben, die missbräuchlich verwendete Videokameras oder „Dashcams“ in Autos betrafen. Die Maximalbuße waren 4800 Euro. Nach dem Motto „Beraten statt Strafen“ belasse es die Behörde bei Erst-Verstößen meist bei Bescheiden, die zur Korrektur auffordern.
Dass Anwälte davor warnen, dass viele Einwilligungserklärungen ungültig und Musterformale – auch jene der Kammer – problematisch seien, ärgert Bodenstein. Das trage zu Verunsicherung bei; der Großteil der rund 500.000 von der DSGVO betroffenen Unternehmen mache die Sache „ordentlich“.
Gute Auftragslage
Die Sparte umfasst 130.000 Betriebe mit 230.000 Beschäftigten. 2018 stiegen die Umsätze real um durchschnittlich 5,9 Prozent. Besonders kräftig wuchsen Immobilien- und Vermögenstreuhänder (+11 Prozent), Berater und IT (+8,6%) sowie Ingenieurbüros (+6,1%). Unter dem Schnitt lagen Druck (+3,2% ), Finanzdienstleister (+3,1%) und die Abfallwirtschaft (+1,6%). Die Auftragslage wird mit „gut“ bewertet.
Kommentare