"Das verdient sich Piëch nicht"

VW-Chef Martin Winterkorn (li.) gibt weiter den Takt vor, unterstützt von Aufsichtsrat Wolfgang Porsche.
Unverständnis über Abgang des Patriarchen, zugleich Lob für Vorstand.

Hannover Messegelände am Dienstag, kurz vor 9.00 Uhr: Gut gelaunt und als ob nichts geschehen wäre, betritt VW-Chef Martin Winterkorn jene 15.000 große Halle, in der Fahrzeuge aller zwölf Marken des Konzerns ausgestellt sind. Im Schlepptau hat er unter anderem Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche und seine Lebensgefährtin Claudia Hübner. Gemeinsam schlendern sie – umringt von zahlreichen Reportern, Kamerateams und Fotografen – durch die Ausstellung, die an einen gigantischen Messeauftritt erinnert, und lassen sich von den Markenvorständen die Modelle erklären.

Eine Stunde später und eine Halle weiter geht es dann zur Sache: In der Hauptversammlung des Konzerns geht es neben den üblichen Fragen zu Strategie und Geschäftsentwicklung vor allem um den seit Wochen alles beherrschenden Streit zwischen dem mittlerweile zurückgetretenen Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und dem Konzernvorsitzenden Martin Winterkorn.

Großer Respekt

In seiner Rede geht Winterkorn erstmals kurz auf die Causa Prima ein. Er dankt Piëch, dieser habe die Autoindustrie geprägt wie kein Zweiter. "Vor dieser Lebensleistung haben wir und ich großen Respekt." In ähnlicher Weise lobt Übergangs-Aufsichtsratsspitze Berthold Huber Piëchs "außerordentliche Verdienste" und "einmalige Leistung". Dafür erntet er Applaus der Aktionäre.

Winterkorn sieht den Konzern nun wieder in ruhigerem Fahrwasser– obwohl noch kein endgültiger Nachfolger Piëchs feststeht. Aktionäre fordern baldige Klarheit. Das Vorgehen sei "schrecklich unprofessionell" und "nicht nachvollziehbar". Und weiter: "Weder Piëch noch die Aktionäre haben diesen Abgang verdient." Eine "Klärung wie unter Männern üblich" wäre besser gewesen, "kindisch" und "das kann doch kein normaler Mensch verstehen", sind weitere Wortmeldungen dazu. Zudem wird der Verdacht geäußert, hinter Piëchs Rücktritt stecke eine Intrige Wolfgang Porsches. Die beiden Familien streiten seit Jahrzehnten um die Macht.

"Das verdient sich Piëch nicht"
ABD0107_20150505 - Julia Kuhn-Piëch (l) und Louise Kiesling, neue Aufsichtsratsmitglieder der Volkswagen AG, stehen nebeneinander am 05.05.2015 bei der Hauptversammlung der Volkswagen AG auf dem Messegelände in Hannover (Niedersachsen). Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Fachliche Zweifel gibt es an den Nachfolgerinnen von Piëch und seiner Frau Ursula im Aufsichtsrat, Julia Kuhn-Piëch und Louise Kiesling. "Sie treten in verdammt große Fußstapfen, wirklich beneiden tue ich sie nicht", sagt ein Aktionärsvertreter. Ein weiterer Redner fordert die beiden Damen unter großem Applaus auf, sich vorzustellen, "um den automotiven Hintergrund beurteilen zu können". Eine sehr kurze Vorstellung folgt, Kuhn-Piëch betont dabei ihren Aufsichtsratsposten bei der Lkw-Tochter MAN.

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