Das Geld sitzt nicht mehr so locker und Cash ist offensichtlich nicht mehr fesch
Wie locker sitzt das Geldbörsel in Österreich und wofür wird in Zeiten hoher Inflation weniger oder auch mehr Geld ausgegeben? Natalia Lechmanova, Chefökonomin des Kreditkartenanbieters Mastercard, gewährt dem KURIER einen Blick die "anonymisierten Kundendaten-Auswertungen". Und zieht Vergleiche zu anderen Ländern.
So fällt bei der Auswertung der Österreich-Daten auf, dass um ein Drittel öfter im Lebensmittelhandel eingekauft und mit Karte bezahlt wurde als noch im Jahr 2019. Freilich auch, weil sich die Bezahlgewohnheiten in der Pandemie von Cash in Richtung Kartenzahlung verschoben haben. Selbst bei kleineren Beträgen. Im Einkaufswagen landen nun oft andere Produkte, sagt Lechmanova: "Viele sparen, kaufen weniger Marken und stattdessen günstige No-Name-Artikel der Händler. Das ist nicht nur in Österreich so, sondern in ganz Europa."
Und nicht nur im Lebensmittel- sondern auch im Bekleidungshandel. Laut den Mastercard-Daten lagen die durchschnittlichen Kassenbons in diesem Bereich um fünf Prozent unter dem Niveau von 2019. Und auch hier bei steigenden Kauffrequenzen – "viele mussten sich nach der Pandemie für Anlässe neu einkleiden", so Lechmanova.
Koste es was es wolle
Jedenfalls sei die Kauflaune in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern Europas "mit einem Ausgabenplus von 4,7 Prozent außergewöhnlich gut", sagt die Ökonomin und sieht dafür mehrere Gründe. Allen voran die gute Kaufkraft und den starken Arbeitsmarkt. "Letzterer macht Konsumenten zuversichtlich für die Zukunft. Das führt dazu, dass sie konsumieren, auf Erspartes zurückgreifen und Kredite aufnehmen."
Der Optimismus spiegelt sich unter anderem in der Tourismuswirtschaft wieder. Nicht nur die Österreicher wollten im Urlaub einfach weg – nach dem Motto "koste es was es wolle". Scheinbar die halbe Welt war auf Reisen, was nicht heißt, dass sich die Reiseströme nicht verschoben haben. Das konnte man unter anderem in der New York Times nachlesen, die berichtete, dass es viele nun statt nach Griechenland oder Spanien mehr in Richtung Skandinavien zieht.
Österreich soll von der Rückkehr chinesischer Touristen profitieren
Eine Folge des Klimawandels und steigender Temperaturen im Sommer. "Von dieser Entwicklung könnte auch Österreich profitieren", sagt die Mastercard-Chefökonomin. Spanien brauche jedenfalls deutlich länger, um sich von der Pandemie zu erholen als Österreich. "Auch, weil es weniger staatliche Hilfen gab, mehr Firmen vom Markt verschwunden und noch nicht zurück sind."
In jedem Fall werde Österreich "von der teilweisen Rückkehr chinesischer Touristen profitieren". Zur Größenordnung: Schätzungen zufolge werden allein im 1. Halbjahr 2023 rund 18 Millionen Chinesen auf Reisen gehen, im zweiten Halbjahr sollen es bereits 40 Millionen sein. Ob sie ihren Ruf als Shoppingtouristen weiter gerecht werden oder ihr Ausgabeverhalten ändern werden, bleibe abzuwarten. Lechmanova: "In Europa sieht man jedenfalls, dass weniger Geld für Waren ausgegeben wird, dafür mehr für Erlebnisse, wie Reisen oder Kultur. Gut möglich, dass das zum Teil auch bei chinesischen Reisenden zu beobachten sein wird."
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