So tickt Trumps engster Einflüsterer

So tickt Trumps engster Einflüsterer
Dan DiMicco verordnet den USA einen Radikalschwenk – weniger Finanzen und Digitales, mehr Industrie.

Steuert Donald Trump als US-Präsident tatsächlich auf einen Handelskrieg zu? Oder muss man seine kontroversiellen Ankündigungen (unten) als Wahlkampf-Getöse und Maulheldentum abhaken?

Wer nicht nur spekulieren will, sollte seinem engsten Einflüsterer in Handelsfragen zuhören. Dan DiMicco war von 2000 bis 2012 Chef des US-Stahlriesen Nucor, aktuell die Nr. 14 der Welt. Er gehört Trumps 13-köpfigem Beraterteam in Wirtschaftsfragen an. Und es ist gut möglich, dass er demnächst zum Obersten Handelsrepräsentanten der USA gekürt wird. Dessen Jobprofil definierte ein Trump-Intimus so: "Das wird der härteste und cleverste H....sohn sein, den Donald finden kann" (er sprach von SOB, dem Kürzel für den vulgären Begriff). Angeblich war damit das Rauhbein DiMicco gemeint.

Welcher Kurs dem Stahlmagnaten vorschwebt, hat er im März 2015 erläutert. Sein Buch heißt: "Made in USA. Warum uns das Produzieren zu alter Größe verhelfen wird." Klingt vertraut? "Machen wir Amerika wieder groß", war Trumps Slogan.

Doch siehe da: Anders als erwartet, sind die meisten Vorschläge nicht auf Krawall gebürstet, sondern klingen durchaus vernünftig.

Re-Industrialisierung
Kein Zweifel: Trump hat die Wahl dort gewonnen, wo die alten Fabrikjobs abgewandert sind und Ruinen hinterlassen haben. Seit 2000 sind in den USA 5,2 Millionen gut bezahlte Industriejobs verloren gegangen – wie der KURIER kürzlich analysiert hat. Die desillusionierten Menschen wählten den Wandel um jeden Preis. DiMicco will die USA von 12 Prozent Industriequote wieder auf 20 Prozent bringen. Absurd? Die EU hat dasselbe Ziel. Denn wandert die Fertigung ab, verschwinden bald darauf auch das Know-how und die Forschung.

Keine Blasen mehr
Der Schwenk zu Dienstleistungen und Finanzen habe einen "Fantasiewohlstand" erzeugt, der sich regelmäßig in platzenden Blasen und Finanzkrisen verflüchtigt, kritisiert DiMicco.

Fairer statt freier Handel
Vorwürfe, er strebe die generelle Abschottung der USA an, weist DiMicco von sich. "In der Theorie ist Freihandel großartig." Der globale Handel sei aber alles andere als frei, solange sich China nicht an die Regeln halte. Die Asiaten verschafften sich mit einer schwachen Währung und Staatssubventionen unlautere Vorteile. Da schlägt der Ex-Manager durch, der mit Stahl zu Dumpingpreisen kämpfen musste. Fair ist freilich, was den USA nützt: DiMicco feiert den Ex-Präsidenten Ronald Reagan, weil er die US-Ikone Harley-Davidson mit 45 Prozent Zollaufschlägen für Japans Motorräder gerettet habe.

Mehr Investitionen
Die USA müssten in die Infrastruktur 3,6 Billionen Dollar investieren – von Straßen, über Dämme, Strom- und Wasserleitungen bis zur Flugaufsicht, schreibt DiMicco. In Kooperation von privaten Firmen mit dem Staat sollen 30 Millionen Jobs bis 2025 entstehen. Den eigenen Republikanern wirft er vor, sie seien besessen vom Schulden- und Defizitabbau. Er will aus den Schulden rauswachsen – ein klassisch linkes, keynesianisches Rezept.

Mann der Old Economy
Wenig anfangen kann der Stahlmensch mit der digitalen Wirtschaft: IT, Telekom, Elektronik seien das versprochene Jobwunder schuldig geblieben: Innovation bringe nichts, wenn man die Produkte nicht selbst herstelle. Weil Amazons Kindle-Gerät großteils in Asien entstehe, verblieben von 180 Dollar nur 45 in den USA.

Energiepolitik
Erneuerbare, Atomstrom, Kohle, Gas, Erdöl: DiMicco ist alles recht, was die Energiekosten senkt und die USA unabhängiger macht. Auf eine Abkehr von Fossilenergie und das Einhalten der Klimaziele kann man wohl lange warten – für den Trump-Berater sind das Luxusprobleme.

Eine Mauer zu Mexiko, Strafzölle, Handelskrieg: Der Wahlkampf ließ Schlimmes befürchten.


- Ford Am Donnerstag verkündete Trump via Twitter, dass der US-Autobauer auf sein Drängen hin die Verlagerung einer Fabrik aus Kentucky nach Mexiko absagt. Ford betonte dagegen, es gehe nicht um die ganze Anlage, sondern nur um die Produktion eines Modells, welches nur in kleinen Stückzahlen verkauft wird. Wie der American Cars Index zeigt, stecken nur in 7 Automodellen 75 Prozent US-Wertschöpfung oder mehr. Vor fünf Jahren waren es noch 29 Modelle. Skurril: Das "amerikanischste Auto" ist just der japanische Toyota Camry, er wird in Indiana und Kentucky gebaut. Allerdings kündigte auch Toyota in dieser Woche an, eine Milliarde Dollar in Mexiko zu investieren.

- iPhone Die Apple-Cashcow soll künftig in den USA produziert werden, forderte Trump. Die Zeche würden die Kunden zahlen. Das iPhone würde unleistbar oder Apple fiele um seine Gewinne um.

- Abkommen "China vergewaltigt unser Land", polterte Trump wegen der Export-Schieflage. Umso absurder, dass er den Handelspakt TPP beerdigt: Dieser Deal der USA mit elf Pazifikstaaten von Australien bis Japan sollte China einkreisen und Exporte abjagen. Einen größeren Gefallen kann Trump den Chinesen also gar nicht tun.

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