Coronavirus: Ökonom Felbermayr warnt vor Grenzschließungen

IfW-Präsident Gabriel Felbermayr
Der Oberösterreicher plädiert für Kontrollen nur bei Reisenden aus betroffenen Gebieten. Staatshilfen wären begrenzt hilfreich.

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), der österreichische Ökonom Gabriel Felbermayr, hat sich im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio gegen Grenzschließungen zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus ausgesprochen. Sinnvoll hingegen seien verstärkte Kontrollen bei Reisenden aus den besonders vom Virus betroffenen Gebieten, also China oder Iran.

Eine Grenzschließung etwa am Brenner sei für die Warenströme schädlich, warnte der Ökonom im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt. "Ich würde sehr davor warnen, die Brennergrenze dicht zu machen." Grenzschließungen würden die Wirtschaft massiv beeinträchtigen.

Positiv sowohl für die Wirtschaft als auch die Gesundheit seien hingegen verstärkte Kontrollen bei Reisen aus den betroffenen Gebieten, weil eine Verhinderung der Ausbreitung des Virus auch für die Wirtschaft förderlich sei. "Wenn es uns nicht gelingt, den Virus einzudämmen, haben wir sehr viel höhere wirtschaftliche Schäden".

Nur limitierte Staatshilfen

Staatshilfen sollten nur begrenzt, etwa bei Unternehmen mit kurzfristigen Zahlungsschwierigkeiten durch die Virus-Krise, zur Verfügung stehen. "Aber ein groß angelegtes Konjunkturprogramm halten wir nicht für zielführend", sagte Felbermayr. Damit werde man keine Lieferengpässe beheben.

Bei derartigen angebotsseitigen Störungen helfe Fiskalpolitik wenig. Das Ausbleiben der chinesischen Touristen in Europa bedeute natürlich Umsatzrückgänge, aber das könne man nicht kompensieren wenn man versuche, durch mehr Geld mehr Europäer auf Urlaub zu schicken.

Die Krise sieht Felbermayr als einen Wendepunkt in der Weltwirtschaft, ähnlich wie bei Lehman. Damals habe ein Umdenken eingesetzt, dass Liquidität nicht grenzenlos zur Verfügung stehe. Nun werde ein Umdenken einsetzen, dass die globalisierten Lieferketten sicherer und krisenanfälliger gemacht werden und Zulieferproduktionen näher an die Unternehmen heranrücken.

Antibiotika zurückholen

Als ein Beispiel nannte er die Produktion von Antibiotika, wo viel nach Asien ausgelagert worden sei, nun werde man wieder die Produktion nach Europa zurückholen. Auch die Lagerhaltung werde wieder verstärkt werden. Er würde aber nicht so weit gehen, die Globalisierung als "unvernünftig" zu kritisieren, denn diese habe viel Wohlstand gebracht.

Mit dem Vergleich mit der Finanzkrise und dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers 2008 meine er nicht, dass man nun wie damals in eine große Wirtschaftskrise schlittere. Dass die "Bremsspuren" so stark sein werden wie damals glaubt Felbermayr nicht, denn das Finanzsystem sei heute robuster als damals.

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