Coronavirus: EU-Kommission ist gegen 100-Prozent-Staatshaftung

Coronavirus: EU-Kommission ist gegen 100-Prozent-Staatshaftung
Deutsche Mittelständler wollten mit Kompletthaftung die Kreditvergabe beschleunigen. EU warnt vor verschleudertem Steuergeld.

Die deutsche Bundesregierung darf aus Sicht der EU-Kommission keine 100-prozentige Staatshaftung für Notkredite übernehmen. Das Brüsseler Gremium lehnte damit Forderungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nach einer Aufstockung der Haftungsgrenze für Kredite über die staatliche Förderbank KfW ab.

Im Rahmen des KfW-Kreditprogramms übernimmt der Staat aktuell 80 bis 90 Prozent der Haftung. Die Bankenbranche wies unterdessen den Vorwurf zurück, sie verzögere die Kreditvergabe an von der Corona-Krise getroffene Unternehmen.

Kreditklemme beklagt

Deutsche Mittelständler klagen, dass die Kreditvergabe der Regierung nicht bei allen von der Corona-Krise betroffenen Firmen ankomme. Der DIHK führt dies darauf zurück, dass die durchleitenden Banken einen Zehn-Prozent-Anteil an den Risiken übernehmen müssten. Dies müsse geändert werden. Die EU-Kommission verwies nun darauf, dass es keinerlei Anreiz für einen sorgfältigen Umgang mit Steuergeld mehr gebe, wenn der Staat für alle Kredite hafte.

Der deutsche Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis warnte unterdessen vor Lücken bei den Corona-Hilfsprogrammen. Viele Unternehmen, die in der Coronakrise am dringendsten Hilfe benötigten, könnten auf die Stützungsprogramme von Bund und Ländern nicht zugreifen, sagte Schleweis dem Handelsblatt: "Manchen Unternehmen wird man mit den bestehenden Förderprogrammen nicht helfen können."

Binnen fünf Jahren retour

Im Rahmen des KfW-Kreditprogramms bekommen nur Unternehmen ein Darlehen, die dieses innerhalb von fünf Jahren voraussichtlich wieder zurückzahlen können.

Bereits früher hat DIHK-Präsident Eric Schweitzer vor einer Pleitewelle wegen verweigerter Kredite bei Mittelständlern gewarnt: "Meine Befürchtung ist, dass trotz der 80 beziehungsweise 90 Prozent Bürgschaft durch den Staat viele Unternehmen wegen der Krise durch die sogenannte bankübliche Prüfung fallen", sagte er zu Reuters.

Bedingungen aufrecht

Die Commerzbank teilte mit, dass sie bereits gut 15.000 Finanzierungsanfragen von Firmenkunden erhalten habe. "Insgesamt hat die Bank schon Corona-bedingte Kredite in Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt", sagte ein Commerzbank-Sprecher.

Der Bankenverband BdB wies den Vorwurf einer Verzögerung der Kreditvergabe zurück. "Damit die KfW den Unternehmen Kredite auszahlt, müssen aber bestimmte Bedingungen erfüllt werden", sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig.

Für einen "Bypass"

Der Präsident des Mittelstands-Verbandes BVMW, Mario Ohoven, plädierte für eine "Bypass-Lösung". "Die Kredite sollten nicht wie üblich über die Hausbanken geleitet werden, sondern direkt von der Förderbank KfW abgewickelt werden", forderte er. Das Restrisiko der Banken "verzögert die dringend benötigten Liquiditätsspritzen für die Unternehmen".

Am Freitagabend hätten bereits 742 Anträge in einem Volumen von knapp 8,2 Mrd. Euro bei der KfW vorgelegen, hieß es. Die Mehrzahl sei für Kredite mit einem Volumen von bis zu drei Millionen Euro bewilligt worden. "Die Zusage bei Krediten in dieser Größenordnung ist besonders schnell und unbürokratisch möglich, da hier die KfW die Risikoabschätzung der Hausbank übernimmt", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.

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