Commerzialbank Mattersburg: Gläubiger fordern 820 Millionen Euro

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In nur zehn Jahren verlor die Bank 334 Millionen Euro durch mutmaßliche Malversationen. Klage gegen Land Burgenland wird geprüft.

Das Insolvenzverfahren der Commerzialbank Mattersburg (CBM) wird in die Justizgeschichte eingehen. Denn: Mittlerweile haben 401 Gläubiger Forderungen in Höhe von 819,7Millionen Euro angemeldet. Anerkannt wurden bisher 620,5 Millionen Euro. Dazu kommen noch anerkannte Arbeitnehmerforderungen von 3,1 Millionen Euro.

Der Stand der Überschuldung hat sich seit Oktober vergangenen Jahres nicht wesentlich geändert und beträgt nach Bereinigung um Malversationen rund 700 Millionen Euro. Alleine in den zehn Jahren vor der Konkurseröffnung hat die Bank 334 Millionen Euro durch mutmaßliche Malversationen „verloren“.

Dies berichteten die Masseverwalter,Gerwald Holper und Michael Lentsch (Kosch & Partner Rechtsanwälte),heute, Montag, bei der fünften Gläubigerausschusssitzung im Landesgericht Eisenstadt.

Eine Schadenersatzklage gegen den Abschlussprüfer der Bank, TPA Wirtschaftsprüfung GmbH, ist bereits eingebracht. Ebenso anhängig ist die Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich wegen des jahrelangen kollektiven Versagens der Organe der Republik Österreich. Geprüft wird auch eine Schadenersatzklage gegen das Land Burgenland.

Diese hängt ursächlich mit der Insolvenz der „Muttergenossenschaft“ der Commerzialbank zusammen. Das Land hat 1995die Funktion des Revisionsverbands für diese Genossenschaft übernommen und hatte daher gesetzliche Pflichten wahrzunehmen. 215 Millionen Euro betrieblichen Verlust hat die Commerzialbank Mattersburg im Burgenland in den rund zehn Jahren von 1. Jänner 2010 bis zur Konkurseröffnung erlitten. Die Prüfung der Vorgänge durch die Masseverwalter bezieht sich nur auf diese „letzten“ zehn Jahre. Diese 215 Millionen Euro sind Teil der insgesamt 334 Millionen, die der Bank in diesen zehn Jahren durch mutmaßliche Malversationen entzogen wurden. 157 Millionen wurden bildlich gesprochen bar „aus der Bank getragen“ im Schnitt rund 300.000 Euro pro Woche.

47 „verschwundene“ Millionen gefunden

Von diesen rund 157 Millionen Euro konnten bis Oktober 2020 nur rund 58 Millionen Euro einer Mittelverwendung zugeordnet werden. Von 99 Millionen Euro fehlte vor einem halben Jahr noch jede Spur. Diese „fehlende“ Summe hat sich inzwischen auf rund 52 Millionen Euro reduziert, weil nach den Analysen der Masseverwalterin weitere 47 Millionen Euro konkreten Empfängern zugeordnet werden können. Rund 55 der 157 Millionen Euro wurden in die Bank zurückgeführt, um einen Teil der Verluste aus dem Seite 2/3 tatsächlichen Geschäft zu verschleiern und den Bankbetrieb aufrecht erhalten zu können. Weitere rund 50 Millionen Euro wurden einerseits Kunden der Commerzialbank übergeben, um deren Pleiten zu verhindern, oder flossen andererseits verschleiert in den Fußballverein SV Mattersburg (zusätzlich zu den offiziellen Sponsorbeträgen).

Bank zahlte illegal Millionen an Eigentümer-Genossenschaft

Insgesamt 7,2 Millionen Euro fordert die Masse der Commerzialbank im Insolvenzverfahren gegen die Eigentümergenossenschaft, die „Personalkredit-und Kommerzialkreditvermittlungs-und Anteilsverwaltungsgenossenschaft Schattendorf-Zemendorf-Stöttera-Krensdorf-Hirm-Loipersbach-Draßburg-Baumgarten“ registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung“ (PKG). Die PKG hatte ohne jede rechtliche Grundlage von der Commerzialbank jedes Jahr 500.000 bis 600.000 Euro „Provisionszahlungen“ erhalten, um deren Geldbedarf zu decken. Überprüft sind bisher die Jahre 2014 bis 2019. In diesen sechs Jahren waren es 3,3 Millionen Euro. Zudem hatte die PKG 2015 von der Commerzialbank einen Kredit für den Ankauf von Partizipationskapital in Höhe von drei Millionen Euro erhalten. 2019, zog die Commerzialbank per Aufsichtsratsbeschluss das Partizipationskapital ein und zahlte der PKG für diese wertlosen Partizipationsscheine eine Barabfindung von drei Millionen Euro.

Klage gegen Land Burgenland

In Zusammenhang mit der Insolvenz der Genossenschaft und diesen Vorgängen wird auch eine Schadenersatzklage der Masseverwalterin der PKG gegen das Land Burgenland geprüft. Die Revision des Raiffeisenverbandes hatte unter anderem die Abberufung von Geschäftsleiter Martin Pucher wegen zahlreicher Auffälligkeiten verlangt. Schließlich wurde die PKG 1995 aus dem Raiffeisenverband ausgeschlossen.

Es fehlte freilich ein genossenschaftlicher Prüfverband für die PKG. In der Folge übernahm das Land Burgenland die Funktion des Revisionsverbands für die PKG. Zum Prüfer der PKG bestellte das Land genau jenen Wirtschaftsprüfer, der Abschlussprüfer der Commerzialbank war und dessen Kanzlei später in der TPA WirtschaftsprüfungsgmbH aufging.

Der Prozess zur Klage der Masseverwalterin der Commerzialbank gegen die TPA in Höhe von 20 Millionen Euro läuft. Ebenso anhängig ist das Verfahren zur Amtshaftungsklage der Masseverwalterin gegen die Republik Österreich in Höhe von 303 Millionen Euro wegen desjahrelangen kollektiven Versagens der Organe der Republik Österreich.

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