COFAG verzeichnet 11.000 potenzielle Rückforderungsfälle

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Ein Teil der Corona-Hilfen könnte nach EU-Richtlinien überschießend gewesen sein. Betroffene werden schriftlich kontaktiert.

Bei der COFAG geht es nicht nur um etwaige Rückforderungen von Staatshilfen bei Firmen, die aus EU-Sicht womöglich zu viel Förderungen bekommen haben, weil Österreich Einzelunternehmen nicht aber wie von der EU vorgesehen Unternehmensverbünde gefördert hat. Insgesamt gibt es derzeit österreichweit rund 11.000 potenzielle Rückforderungsfälle, die derzeit in Prüfung stehen, heißt es auf APA-Anfrage. Betont wird dort, dass die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind.

Die möglichen Rückforderungsgründe seien zwar festgestellt. Diese sind jedoch hinsichtlich des exakten Sachverhaltes bzw. der Höhe noch nicht geprüft und somit noch nicht bestätigt, heißt es. Ob tatsächlich ein Rückforderungstatbestand besteht und wie hoch der Rückforderungsbetrag ist, werde auf Einzelfallbasis geprüft. Im Rahmen der Prüftätigkeit kann sich in der Folge herausstellen, dass der Rückforderungstatbestand tatsächlich nicht besteht oder der tatsächlich zurückzufordernde Betrag ein anderer ist.

Die COFAG werde in jenen Fällen zurückfordern, in denen der Antrag eines Unternehmens die Antragsvoraussetzungen nicht erfüllt oder die Höhe der ausgezahlten Förderung nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht. Nach Prüfung solcher Umstände werden die Unternehmen schriftlich kontaktiert - entweder um weitere Informationen herauszugeben oder entsprechende Rückforderungen geltend zu machen.

"Pro Woche liegen 400 bis 500 solcher Fälle auf dem Tisch", sagten die COFAG-Geschäftsführer Marc Schimpel und Ulrich Zafoschnig im Gespräch mit der APA. Es gehe in den Einzelfällen um Beträge von ein paar hundert über ein paar tausend bis hin zu Millionen Euro.

Fehlende Endabrechnungen

Der häufigste Grund für Rückforderungen ist das Fehlen einer Endabrechnung des jeweiligen Antrages. Das gilt etwa, wenn ein Unternehmen den Antrag auf die jeweils letzte Tranche eines Zuschusses nicht eingebracht hat - denn dabei geht es um jene Tranche, in der die Antragsteller mittels Buchhaltungsunterlagen die tatsächlich beantragten Verlust-, Kosten- und Erlöspositionen nachweisen. Hier kann gegebenenfalls auch die erste Tranche zurückzuzahlen sein. Das betrifft drei Viertel der Fälle.

Weitere rund 15 Prozent der Rückforderungen drehen sich um die Endabrechnung - wenn diese niedriger ist als die bereits ausbezahlten Beträge. 8 Prozent machen Rückforderungen aus, wenn dem Unternehmen laut Förderrichtlinien eine geringere Zuschusshöhe zustand.

900 Auszahlungen ausgesetzt

900 Antragssteller müssen auch um ihre Hilfen fürchten, sie bekommen derzeit keine Auszahlungen. Denn sie haben - den Vorschriften in Österreich folgend - als Einzelunternehmen Förderungen beantragt oder bekommen, obwohl die EU Unternehmensverbünde heranzieht. Das wurde gestern bekannt. Das Finanzministerium will sich mit der EU einigen. Einstweilen prüft die COFAG bei gewissen Unternehmen, die Förderungen beantragt haben, ob es sich um Firmen aus einem Unternehmensverbund handelt. Gab es schon staatliche Beihilfen, wird nachgeschaut, ob es bei diesen zu Überschreitungen kam. "Wir sind bemüht, das so rasch wie möglich zu machen", so Schimpel. Selbst habe sich die COFAG an nationale Vorgaben zur Auszahlung gehalten. Gegebenenfalls könnten Rückzahlungen drohen. Bis es so weit ist, hoffe man aber, dass sich EU-Kommission und Finanzministerium geeinigt haben, so die COFAG-Geschäftsführer.

Laut Angaben der EU-Kommission gegenüber der APA dauere der Monitoring-Prozess rund um die strittigen Beihilfen noch an. Dabei arbeite man eng mit der Republik zusammen. Mehr wolle man dazu zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen.

EU-Vorgabe laut Brunner zu spät

Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung von EU-Mitgliedsstaaten, dass Beihilfen im Einklang mit Vereinbarkeitsbedingungen gewährt werden. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte am Donnerstag zum Streitthema mit der EU, dass die Kommission die Vorgabe mit Unternehmensverbünden erst gemacht habe, als die heimische Richtlinie bereits angewendet wurde. Beim Start der Staatshilfen habe es "noch keine rechtliche Einschätzung der EU-Kommission" gegeben. "Jetzt laufen Gespräche mit Kommissarin Margarete Vestager, wie das weiter handzuhaben ist. Wir brauchen Rechtssicherheit." Und wenn es keine Einigung gibt? "Dann muss man sich das anschauen." Insgesamt sei "nicht die große Masse" an Betrieben betroffen, manche aber doch sehr, sagte Brunner.

Experte ortet Wettbewerbsverzerrung

Wifo-Wettbewerbsrechtler Michael Böheim nannte es im Ö1-Mittagsjournal "extrem wettbewerbsverzerrend", wenn einzelne Standorte von Konzernen aufgrund ihrer Rechtskonstruktion Coronaförderungen bekommen. Das sei "europarechtlich mit ziemlicher Sicherheit nicht zulässig". Das Argument der Regierung, es habe schnell gehen müssen, gelte nicht. "Die Frage ist, ob man Rückzahlungen überhaupt abwenden sollte."

Wenn sich die EU-Kommission in ihrer Rechtsansicht durchsetze, was zu erwarten sei, werde die Republik rückfordern müssen. Die Förderungen der einzelnen Standorte seien zu summieren, was die Obergrenzen von Förderungen überschreite, müsse zurückgezahlt werden.

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