Weihnachtsstadt Yiwu: Wo der Christbaumschmuck herkommt
Ein Funkeln, ein Glitzern… dann ist es plötzlich stockfinster. In „Santas Werkstatt“ für Weihnachtsbeleuchtung in Yiwu gehen regelmäßig die Lichter aus statt an. Die von der Regierung angeordneten Stromrationierungen zwingen Chen Jiang, Besitzer einer Fabrik für Weihnachtsbeleuchtung, zu regelmäßigen Produktionsstopps. Seit Oktober kann er nur drei Tage in der Woche Christbaumschmuck erzeugen. Nicht das einzige Problem.
Durch die Pandemie verzögerten sich schon im Sommer die Lieferungen von Rohmaterialien wie Kunststoffe und Metalle. Auch Personalengpässe taten sich auf, die Löhne zogen an. In den vergangenen Jahren kritisierten Menschenrechtsorganisationen die prekären Arbeitsbedingungen in den Werkstätten scharf, was zu Verbesserungen führte. Aber auch zu höheren Kosten. Um auf diesen nicht sitzen zu bleiben, hob Chen die Preise seiner Waren heuer um zehn Prozent an, wie er der Nachrichtenagentur Bloomberg verriet. So wie ihn geht es vielen Firmen in Chinas Weihnachtsstadt Yiwu.
Egal ob Christbaumkugeln, Lametta oder Baumgirlanden: Europäische Konsumenten müssen für Weihnachtsdeko „Made in China“ heuer tiefer in die Tasche greifen. In Yiwu, einer ostchinesischen Stadt in der Provinz Zehjiang werden rund 80 Prozent des aus China stammenden Bedarfs an Weihnachstdekoration produziert. Ein Drittel der Waren wird in die USA exportiert, der Rest geht nach Europa. Auch in Österreichs Haushalten befindet sich höchstwahrscheinlich ein Stück aus Yiwu. Immerhin 50 Prozent der nach Österreich importierten Weihnachtsartikel stammen aus China.
Lieferverzögerungen
Wer die Billigware aus Fernost rechtzeitig vor dem Advent im Regal haben wollte, musste heuer früh ordern. „Die Bestellungen für Weihnachten strömten heuer schon im Februar zu uns. Einen Monat früher als üblich“, sagt Vertriebschef Qiu Xuemei von Dongyang Weijiule Crafts, einem Produzenten von Weihnachtslampions. Containerengpässe und Verzögerungen auf den Schiffsrouten sorgten dafür, dass auch noch Mitte November Ware verschifft wurde. Zum Glück seien die Kunden in Europa durchaus bereit, mehr für die China-Ware zu bezahlen, meint ein Händler von künstlichen Christbäumen.
Fleißiger Santa
Chinas Weihnachtsindustrie darf dennoch frohlocken. Nach einem schwachen Corona-Jahr 2020 zog das Geschäft heuer wieder kräftig an. Der Yiwu International Market vermeldete um 30 Prozent mehr Bestellungen. Lampion-Hersteller Dongyang Weijiule Crafts ist nach eigenen Angaben mit einem Verkaufsvolumen von 4,7 Millionen Dollar wieder auf Vorkrisenniveau angekommen. „Egal was passiert, die Menschen brauchen immer eine festliche Atmosphäre“, sagt Cai Qinliang, Generalsekretär der Yiwu Christmas Products Industry Association, die mehr als 200 Firmen vertritt.
Chinas Tor zur Welt
Wegen seiner strategisch günstigen Lage hat die chinesische Führung Yiwu schon nach der Öffnung des Landes in den 1980er-Jahren als Chinas „Tor zur Welt“ auserkoren. Aus der einstigen Provinzstadt mit 75.000 Einwohnern entwickelte sich dank Massen-Billigproduktion eine Metropole von heute 1,1 Millionen Einwohnern.
Importe
China war 2020 mit einem Importvolumen von insgesamt 10,1 Milliarden Euro Österreichs zweitwichtigstes Einfuhrland hinter Deutschland und vor Italien. Dahinter folgen die Schweiz und Tschechien. Österreich exportierte Waren in Wert von 3,9 Mrd. Euro nach China (10. Platz bei Ausfuhren).
Weihnachtsartikel
Der importierte Warenwert von bspw. Lichterketten für Weihnachtsbäume betrug im Jahr 2020 laut Zollbehörde 11.331.790 Euro, andere importierte Weihnachtsartikel wurden 2020 von der Behörde mit 13.589.865 Euro beziffert.
Damit ist China mit Abstand größter Weihnachtsartikel-Importeur (ca. 50 % Anteil). Geliefert wurden vor allem Christbaumkugeln und Baumbehang aller Art, Krippenfiguren, Lametta, Sternspritzer, Kunstschnee und (singende) Stofftiere.
Seit ein paar Jahren setzt die Stadt stark auf den eCommerce. Tausende eCommerce-Experten wurden ausgebildet, ein Logistikpark samt Freihandelszone errichtet und die lokalen Online-Shops mit den großen Portalen von Alibaba, Amazon oder eBay vernetzt. Wer nicht selbst nach China reisen will, ordert die Ware bequem per Mausklick – auch in hoher Stückzahl. Eine Strategie, die sich jetzt in der Corona-Pandemie besonders auszahlte.
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