China: "Motorisierung beginnt erst"

China: "Motorisierung beginnt erst"
Deutsche Pkw sind in China heiß begehrt. Die Fahrzeuge werden verstärkt vor Ort gefertigt. Umweltschutz wird zur großen Herausforderung.

Über dem Horizont hängt auch bei schönstem Wetter permanent ein Grauschleier, der Hals kratzt oft schon nach wenigen Stunden Aufenthalt. Wer Chinas Städte bereist, wird bald mit den negativen Auswirkungen des rasanten Wirtschaftswachstums konfrontiert. Ein Grund für die schlechte Luft ist der schnelle Anstieg des privaten Pkw-Verkehr in den östlichen Ballungsräumen des Landes. Mehr als 100 Millionen Autos sind bereits in China in Betrieb und jährlich kommen rund 15 Millionen hinzu. Der Trend geht auch in Shenyang nicht vorbei, eine schnell expandierende Stadt im Nordosten. "2004 waren hier vor allem Mopeds und Fahrräder unterwegs", sagt ein BMW-Manager. Damals hat der Konzern sein erstes Werk in dem Land in Shenyang eröffnet. Jetzt, acht Jahre später, folgt das zweite.

Damit wird die Fertigungskapazität von BMW in China von 100.000 auf maximal 400.000 Stück im Jahr ausgebaut. Der Großteil der Produktion, die zum Teil mit Benzin-Motoren aus dem Werk in Steyr ausgestattet sind, bleibt im Land. "In den letzten zehn Jahren hat sich der Absatz in China verzehnfacht", sagt BMW-Chef Norbert Reithofer. Und mit 107.000 verkauften Autos von Jänner bis April (ein Plus von 34 Prozent zum Vorjahreszeitraum) sei China zum wichtigsten Markt des Premiumherstellers geworden. Damit ist BMW auf den Spuren von Konkurrent Audi. Dieser verkaufte 2011 in dem Land so viele Autos wie nirgendwo sonst. Die Ingolstädter bauen gerade ein neues Werk, das die Produktion im Land auf 700.000 Pkw im Jahr hinaufschraubt. So weit will Reithofer nicht gehen. "Wir wollen weltweit möglichst ausgewogen dastehen. Wir streben nicht an, in China Nummer eins zu werden."

Großer Meister

China: "Motorisierung beginnt erst"

Damit wird sich auch der Wunsch von Qi Yumin, Chef des Kooperationspartners Brilliance Automotive, 900.000 BMW im Jahr zu fertigen und weitere Modelle wie etwa die 7er-Serie zur Fertigung ins Land zu holen, nicht erfüllen. "Wir haben noch viele Ideen für Kooperationen", sagt er. "Wir sind wie Studenten, die versuchen, vom großen Meister zu lernen." Dieser betont immer wieder die große Qualität der produzierten Fahrzeuge – es gebe keinen Unterschied zu den in Deutschland gefertigten Autos. "Das ist ein BMW-Werk, kein chinesisches", unterstreicht auch BMW-Qualitätsprüfer Steffen Wirth.

Bis auf Weiteres arbeitet BMW auch daran, den Westen des Landes mit einem Händlernetz zu überziehen. "In diesen Regionen beginnt die Motorisierung erst", sagt Daniel Kirchert, Vizechef von BMW Brilliance. Jede Woche eröffnet ein neuer chinesischer BMW-Händler.

Um den negativen Auswirkungen der Motorisierung Herr zu werden, plant Chinas Regierung harte Auflagen zum Umweltschutz. Sie will in zwei Schritten bis 2020 die Hersteller gesetzlich dazu verpflichten, den Verbrauch und den Schadstoffausstoß der Gesamtflotte zu senken. Für Reithofer ist das "die größte Herausforderung". Schaffen will er das mit dem forcierten Absatz des "kleinen" 1er und Mini-Modellen. Zudem sollen größere Modelle nur noch als Plug-In-Hybrid ( Verbrennungsmotor lädt während der Fahrt die Batterie auf, Anm. ) zu haben sein.

Auch Elektroautos sollen forciert werden. Für den BMW-Chef ist der i3, der nächstes Jahr auf den Markt kommt, das "richtige Fahrzeug" für Chinas Städte. In Peking etwa sollen Plänen zufolge ab 2020 nur noch Elektroautos erlaubt sein. Insgesamt sollen nach Vorstellung der Regierung bis 2015 eine halbe Million E-Autos im gesamten Land umherkurven, 2020 schon fünf Millionen. Ein ehrgeiziges Vorhaben, sind es doch bis dato erst 7000 Stück.

Besonders gefragt: Deutsche Limousinen

Image BMW hat bisher 1,5 Mrd. Euro in China investiert. Produziert werden der X1 sowie Langfassungen des 3er und 5er. Im Vorjahr verkaufte BMW in China 217.000 Autos. Bei Audi waren es 313.000, bei Daimler 193.000. Führend ist die Marke VW mit 1,7 Mio. Stück. Die deutschen Hersteller leben von ihrem guten Image, Limousinen sind besonders beliebt. BMW stellt exklusiv für China die um zehn Zentimeter längeren Varianten des 3er und 5er her.

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