Chemische Industrie ächzt unter den Klimazielen

Chemische Industrie ächzt unter den Klimazielen
Forderung nach Aussetzen der CO2-Bepreisung. Chemische Industrie sei für Klimawende essenziell.

Die chemische Industrie ist eine "Zukunftsbranche" - und wichtig für die Klimawende, ist Hubert Culik, Fachverbandsobmann der chemischen Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, überzeugt. "Unsere Unternehmen forschen und entwickeln Produkte und Lösungen, die wir zur Bewältigung der heutigen und zukünftigen Herausforderungen brauchen. Ohne Chemie gibt es keinen Klimaschutz." Auch Technologien, die den Green Deal vorantreiben, bräuchten Produkte aus der chemischen Industrie. Etwa würden wichtige Komponenten für die E-Mobilität und Beschichtungen für Windräder von der chemischen Industrie hergestellt.

Allerdings stünden die Unternehmen vor großen Herausforderungen - gestiegene Energiepreise sind nur ein Teil davon. Zur Entlastung der Unternehmen brauche es Maßnahmen wie einen Dekarbonisierungsfonds und die Verschiebung der CO2-Bepreisung, betonte Hubert Culik. Die CO2-Bepreisung soll im Juli starten und betrifft all die Unternehmen, die nicht vom EU-Emissionshandelssystem erfasst sind. Auch beim Chemikalienrecht müsse man langsamer vorgehen, weil es Zeit brauche, um gewisse Stoffe zu substituieren.

"Dramatische Auswirkungen"

Bei der chemischen Industrie gebe es das Paradoxon, dass mehr fossile Rohstoffe gebraucht würden, um von den fossilen Rohstoffen wegzukommen. Gleichzeitig sei die Bedeutung der CO2-Neutralität wichtiger geworden, so Ulrich Wieltsch, einer von Culiks Stellvertretern.

Ein Gaslieferstopp hätte jedenfalls "dramatische Auswirkungen", betonte Culik. Die Chemie stehe am Beginn fast aller Produktionsprozesse, daher würden auch nachgelagerte Prozesse stillstehen. "Erdgas spielt bei vielen Produkten als Rohstoff eine Rolle." Als Beispiel nennt Culik etwa Ammoniak für Düngemittel. Auch ein Ausfall von Öllieferungen hätte weitreichende Konsequenzen für die chemische Industrie. Das sei "im Prinzip mit der Gasthematik zu vergleichen. Öl wird genauso in vielen Bereichen als Basisprodukt und als Energiequelle benötigt".

Alternativen: schwierig

Die chemische Industrie verarbeitet jährlich 1,6 Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr in ihren Produkten. Der CO2-Ausstoß liegt pro Jahr bei 4,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid.

Was die Alternativen angeht, sei das gar nicht so einfach, erklärte auch Obmann-Stellvertreter Helmut Schwarzl. Österreich alleine könne nicht nur mit Erneuerbaren in der Energieversorgung der Industrie auskommen. Auch beim Biogas hätte man ein "Mengenproblem. Man kann hier bei Haushalten viel machen, aber bei der Industrie nicht."

Die Chemieindustrie hat beim Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) eine Studie zur Transformation beauftragt. Wifo-Ökonom Franz Sinabell hat mit seinem Team rund 50 Chemieunternehmen in Österreich befragt. Ein Zielkonflikt sei, dass die Firmen trotz aller Effizienzbemühungen mit einem steigenden Energiebedarf rechnen, dass viele aber bereits sehr konkret an Lösungen arbeiteten und investierten, jedoch auch die öffentliche Infrastruktur, Stichwort Stromnetz, mithalten müsse. Weiters biete der Green Deal etwa beim chemischen Recycling auch Geschäftschancen.

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