Charmeoffensive der Autobranche

Kfz-Wirtschaft gründet Interessens-Plattform und hebt positive Effekte der Branche hervor.

Parkpickerl, Begegnungszonen, Tempolimits auf Autobahnen und hohe Steuern: Die Zeiten für Autofahrer waren in Österreich schon einmal besser. „Es bläst ihnen scharfer Wind entgegen“, sagt Burkhard Ernst, Obmann der heimischen Fahrzeughändler. Damit sie nicht länger „die Buhmänner“ der Nation sind, hat die heimische Automobilwirtschaft die Lobbying-Plattform „Forum Mobilität.Freiheit.Umwelt“ gegründet. Ziel sei es, eine positive Einstellung zum Thema Auto zu erwirken.

Gestärkt werden soll diese Einstellung mithilfe einer Studie des Economica-Instituts, die die Bedeutung der heimischen Autoindustrie für die Wirtschaft betont. Ein Detail: Mehr als 250.000 Menschen arbeiten in der Branche, inklusive der indirekt verbundenen Jobs sind es 450.000 Arbeitsplätze.

„Die Autoindustrie ist eine, wenn nicht DIE Leitbranche in Österreich“, fasst Studienautor Christian Helmenstein zusammen. Dies werde aber in Österreich nicht so wahrgenommen. Ein großer Teil der positiven Effekte der Branche kommt aus dem Export der Zulieferer. Sie würden vor allem durch ihre Innovationen punkten. Dies zeige sich in den Patentanmeldungen (jährlich rund 200). Elektromobilität, Hybridantrieb und Energieeffizienz seien die zentralen Zukunftsthemen für die heimischen Zulieferer.

Auch wenn in Europa die Absatzzahlen schrumpfen, könnten die global aufgestellten Zulieferer von den weltweiten Zuwächsen profitieren, sagt der Sprecher der Autoimporteure, Felix Clary. Allerdings: „Wenn wir das Auto in Österreich nur verbannen wollen, dann werden sich Unternehmen überlegen, weiterhin hier zu investieren.“

Hierzulande rechnet er für heuer mit 315.000 bis 320.000 Pkw-Neuzulassungen, das wäre nach den beiden Rekordvorjahren „hervorragend“. Für nächstes Jahr geht er von mindestens ebenso vielen Verkäufen aus.

Forderungen

Clary und Ernst wollen in der Plattform alle Interessensgruppen rund um den Individualverkehr bündeln, um „mit einer Stimme zu sprechen und damit effektiver zu werden“. Es gehe auch um Aufklärung, etwa bei sportlichen Geländewagen (SUV). Bei diesen gehe der Verbrauch seit Jahren konstant zurück, dennoch seien sie als Spritschleudern verschrien.

Eine Forderung an die neue Bundesregierung: Die Normverbrauchsabgabe (NoVA) soll kostenneutral reformiert werden. „In der jetzigen Form ist sie zu teuer in der Verwaltung und zu kompliziert.“ Ökologische Effekte sollten stärker berücksichtigt werden. Weiters wünscht sich die Plattform einen Vorsteuerabzug aller betrieblich genutzten Fahrzeuge. Das würde 350 Mio. Euro kosten. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hingegen fordert das Gegenteil: Die Steuervorteile bei Firmenautos sowie auf Dieseltreibstoff sollten fallen, der Faktor Arbeit hingegen entlastet werden.

Sozialforscherin Angelika Kofler von Gfk Austria sagt über...

... den Stellenwert des eigenen Autos in der Gesellschaft
Die Bedeutung als Statussymbol sinkt, weil es für jeden zugänglich ist. Das ist mittlerweile beim Handy auch so. Das Auto wird sogar teilweise zum Ärgernis, weil es immer teurer wird und es zeitaufwändig ist, einen Parkplatz zu finden. Die Alternativen werden interessanter, etwa Carsharing. Gewisse Sachen muss man nicht unbedingt besitzen, sondern es reicht, sie benutzen zu können.

... die Veränderung von Statussymbolen
Der Wandel geschieht nicht von heute auf morgen. Ein Grund alleine reicht selten. Ob die Einführung von Parkpickerl oder die Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße in Wien Menschen dazu bewegt, tatsächlich auf ihr eigenes Auto zu verzichten, spielt wahrscheinlich eine Rolle. Viele Menschen sagen aber, dass sie ihr Verhalten ändern werden, doch ob sie es dann auch wirklich tun, ist eine andere Frage. Gerade in Wien wird viel geschimpft.

... die Wahrnehmung von Statussymbolen
Am Land hat das Auto sicher mehr eine Nutzungsfunktion als es ein Statussymbol darstellt. Es ist auch eine Frage von Geld, Bildung und Social Standing, was zum Statussymbol wird. In anderen Ländern – da reicht ein Blick in Nachbarstaaten – gibt es ganz andere Statussymbole. In Österreich etwa war es vor einigen Jahrzehnten ein eigenes Badezimmer.

... aktuelle Statussymbole
In zunehmenden Maße wird Zeit zum Statussymbol. Denn viele Menschen leiden unter Leistungsdruck und Burn-out. Da ist man wahrscheinlich in einer ziemlich privilegierten Situation, wenn man viel freie Zeit hat.

Der scharfe Konkurrenzkampf unter den Kfz-Versicherern um die Kunden hat die Tarife in den vergangenen Jahren deutlich sinken lassen. Die Durchschnittsprämien in der Kfz-Haftpflicht und in der Kasko fuhren seit 2003 (ohne Steuern) um zehn bzw. neun Prozent zurück, rechnet Generali-Vorstand Walter Kupec vor.

Die Generali ist mit rund 20 Prozent Marktführer. Kupec erwartet allerdings, dass die Talsohle erreicht ist. Mit ein Grund für die sinkenden Prämien ist die rückläufige Zahl der Schäden.

Der Preis für einen Liter Diesel stieg seit 2003 dagegen um 85 Prozent.Die Reparaturkosten für des Österreichers liebstes Spielzeug haben sich ebenfalls rasant nach oben entwickelt. So kostet eine typische Reparatur an einem VW-Golf („Frontschaden links“) heute um 44 Prozent mehr als 2003. Die Ersatzteile seien komplexer geworden und die Werkstattstunden teurer, erklärt Kupec. Der Neupreis für einen VW-Golf hat sich dagegen nur um 20 Prozent erhöht.

Kommentare