Barcelona ist so "österreichisch" wie noch nie

Mit dem Geld aus China sollen unter anderem die Läden modernisiert werden
Kaum Scheu vor einer Abspaltung der Katalanen: Firmen wie KTM, Wolford, Freywille oder Swarovski hat es gerade jetzt nach Barcelona gezogen.

Hoppala, in der Stadt geirrt? Wer über Barcelonas Prachtboulevard Passeig de Gràcia schlendert, könnte auf diesen Gedanken kommen. Wolford, Swarovski, Freywille, ein paar Straßen weiter KTM: Ständig fällt der Blick auf vertraute Portale.

Sie alle haben in den vergangenen Monaten neu in der katalanischen Metropole eröffnet. Und zwar in Bestlage: Der Passeig do Gràcia gilt als vornehmste Geschäftsadresse. Stella McCartney, Valentino and Yves Saint Laurent haben hier Quartier bezogen. Seit September 2014 ist der Vorarlberger Strumpfspezialist Wolford mit seinem 50-Quadratmeter-Flagshipstore vertreten. Im selben Haus, gleich ums Eck, hat sich die Wiener Email-Schmuckmanufaktur Freywille eingemietet, vier Häuserblöcke weiter ist die Boutique von Swarovski.

Österreichs Wirtschaftsdelegierten in Barcelona, Robert Punkenhofer, freut es: Er nimmt hochkarätige Kunden nämlich gerne auf einen "Designwalk" mit: Ein kurzer Spaziergang genügt um zu zeigen, wie vielfältig heimisches Design sein kann – weit über Mozartkugel und Trachtenmode hinaus.

Etwas überraschend sind die Neueröffnungen doch, denn die Region leidet unter denselben Krisennachwehen wie ganz Spanien: Die Wirtschaftsleistung ist 2013 noch geschrumpft, fast 22 Prozent der Katalanen sind ohne Job.

90 Niederlassungen

Barcelona ist so "österreichisch" wie noch nie
Robert Punkenhofer, Wirtschaftsdelegierter, WKO, Spanien, Barcelona
Gerade die Krise bietet Chancen, sagt Punkenhofer jedoch im Gespräch mit dem KURIER: "Die Immobilien sind erschwinglich geworden. Und man kriegt günstige Arbeitskräfte." Zudem hätten die vielen Krisenschlagzeilen überlagert, dass Spanien unverändert einer der Top10-Märkte für Konsumgüter ist.

90 österreichische Niederlassungen in Katalonien bedeuten jedenfalls einen Rekord. "Viele Firmen konnten ihre Präsenz ausbauen, durch ihre Finanzkraft oder den Technologievorsprung."

Das Spektrum ist breit: So hat der Batterie- und Schweißtechnik-Spezialist Fronius ein Servicezentrum eröffnet. Die Grazer AVL, die Antriebssysteme entwickelt, hat ihre Präsenz ausgebaut. Der oberösterreichische Wasseraufbereiter BWT konnte sich erfolgreich positionieren. Und die Salzburger Hotelkette K+K sei in nur zwei Jahren in die Topliga aufgestiegen, sagt Punkenhofer.

Österreich exportierte 2013 Produkte um 560 Mio. Euro nach Katalonien. Vor der Krise waren es bereits 800 Mio. Euro, die Tendenz ist aber steigend. Seit heuer wächst die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit geht – langsam, aber doch – zurück.

Kongress-Metropole

Seinen Aufschwung verdankte Barcelona der Textilindustrie. Heute ist es mit SEAT zu einem Automobilzentrum geworden, auch Lebensmittel und Chemie spielen eine große Rolle. Zudem matcht sich die Stadt mit Paris, Wien und Madrid um Businessreisen: 2013 fanden 179 Kongresse statt, etwa der Mobile World Congress, die weltgrößte Mobilfunk-Messe.

Kaum geschadet haben die Turbulenzen um die Volksbefragung über eine Abspaltung von Spanien. Das Thema schwelt weiter, aber dass in absehbarer Zeit der Absprung geschehen könnte, glaubt niemand so recht.

Kommentare