Wolfgang Kulterer: Vom Banker zur armen Feldmaus

Ex-Banker Wolfgang Kulterer schlitterte 2014 in die Pleite.
Bank sucht mit Detektiven in Rumänien nach etwaigen Vermögen von Ex-Chef Wolfgang Kulterer.

Ende Juni vergangenen Jahres reisten 65 Kärntner Bauern nach Rumänien, um sich vor Ort ein Bild über die agrarischen Auslandsbetriebe von Landsleuten zu machen. Am zweiten Tag der Reise stand "die Besichtigung des rumänischen Großbetriebes "SC Donaulan SRL in Vladimirescu (Dr. Wolfgang Kulterer – Ackerbau)" auf der Tagesordnung. Der Ex-Hypo-Banker Kulterer konnte nicht persönlich vor Ort sein, denn er saß damals schon fast zwei Monate in Haft. Wie berichtet, muss er sechseinhalb Jahre wegen Untreue absitzen.

Die Spur nach Rumänien hat großes Interesse bei den Hypo-Ermittlern geweckt. Der Verdacht: Kulterer hat womöglich zum Schaden der Bank Grundstücke in Rumänien zu überhöhten Preisen gekauft, die Eigentümerschaft verschleiert und Gewinne im Ausland gebunkert.

So beauftragten die Hypo -Forensiker die Salzburger Sicherheitsagentur Reuter, die Rumänien-Geschäfte Kulterers unter die Lupe zu nehmen. Die Detektei lieferte einen 44 Seiten starken Zwischenbericht ab. Darin wird ein komplexes Firmennetzwerk in Rumänien aufgelistet, das Kulterer mit angeblichen und echten Verwandten und Partnern gegründet hat. Unter dem Dach der Kärntner Agroeast GmbH laufen die Fäden der rumänischen Firmen Terracult (Grundbesitz) und Donaulan (Bewirtschaftung) zusammen.

Zugleich spielte bei den Grundstückskäufen die rumänische Reper Invest eine Rolle, die der Kärntner NDM GmbH, einer Ex-Firma Kulterers, gehörte. Aus den meisten Gesellschaften ist Kulterer mittlerweile ausgeschieden, seine Anteile soll er sukzessive verkauft haben. Die Salzburger Detektive vermuten allerdings, dass an Kulterers Stelle bloß "Strohmänner" gerückt sind. Beweise dafür gibt es im Bericht aber keine. "Bei der Ermittlung in Rumänien stößt man auf eine Mauer des Schweigens, die nur schwer zu durchbrechen ist", heißt es im Detektivbericht. "Vielerorts besteht offensichtlich Angst, gegen Kulterer auszusagen." Ein rumänischer Informant soll angeblich sogar "auf offener Straße von der Polizei bzw. dem Geheimdienst festgenommen" worden sein.

Eine Räuberpistole

Wolfgang Kulterer: Vom Banker zur armen Feldmaus
A reaper harvests a field of wheat in Orezu, southeastern Romania, July 2, 2014. Romania's 2014 wheat crop rose to a record 7.4 million tonnes from 7.3 million a year earlier while a rapeseed crop of 1.1 million tonnes marked a 44-year high, the agriculture ministry said on Monday as it gears up for robust maize and sunflower harvests. In the past couple of years, Romania has emerged as a major grains exporter to Egypt, the world's biggest wheat importer, together with Black Sea producers Russia and Ukraine. Picture taken July 2, 2014. REUTERS/Bogdan Cristel (ROMANIA - Tags: AGRICULTURE BUSINESS)
Kulterers Strafverteidigerin Ulrike Pöchinger hält den Detektiv-Bericht für eine Art "Räuberpistole". "Es ist absolut auszuschließen, dass Wolfgang Kulterer illegal Geld aus der Hypo genommen und in die Agrarprojekte in Rumänien gesteckt hat", kontert Pöchinger im KURIER-Gespräch. Die Agroeast GmbH sei von Kulterer 2008 mit fünf österreichischen Investoren gegründet worden. Dazu zählen die Ex-Kika-Leiner-Eigentümer, die Familie Koch. Agroeast sei heute einer der besten Agrarbetriebe im Westen Rumäniens.

"Mein Mandant musste seine Beteiligung laufend reduzieren, um seine Verfahrenskosten bestreiten zu können. Seine Anteile wurden von den übrigen Gesellschaftern aufgekauft", sagt Pöchinger. Es sei aber richtig, dass die Hypo-Alpe-Adria-Bank der Agroeast einen Investitionskredit gegeben hat.

Vor der Kreditvergabe seien die rumänischen Tochterfirmen Terracult, Donaulan und Ceres einer umfassenden Prüfung unterzogen worden. Der Kredit wurde 2012 vollständig zurückgezahlt. Fakt ist indes: Ex-Banker Kulterer, der eine landwirtschaftliche Ausbildung mit Matura in Wieselburg abschloss, ist seit Juli 2014 offiziell pleite. Allein die Hypo hat in seinem Privatkonkurs fast 600 Millionen Euro Forderungen angemeldet. Verwertbares Vermögen hat Kulterer in Österreich nahezu keines mehr. Masseverwalter Stephan Riel plant, Kulterers "letzten Anteil" an der Agroeast (0,33 Prozent) zu verkaufen. Riel liegt ein Kaufangebot über knapp 95.000 Euro vor. Kulterer ist aber nach wie vor als einer der drei Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen. Das Eigenkapital der Agroeast betrug 2013 etwa 17 Millionen Euro. Der Agroeast-Gruppe, deren Wert Insider auf etwa 30 Millionen Euro schätzen, gehören 3250 Hektar Ackerland in Rumänien, weitere 1950 Hektar sind gepachtet. Angebaut werden Mais, Raps, Sonnenblumen und Weizen.

Falsche Darstellung

"Mein Mandant hat kein Vermögen im Ausland, er hat keinen Cent mehr", sagt die Anwältin. "Die Familie Wolfgang Kulterers hat sich zusammengeschlossen und finanziert seine Verteidigung." Unrichtig seien im Detektiv-Bericht auch die Angaben, dass die Reper Invest über Vermögen verfüge. "Die Reper wurde aus dem Kreis der heutigen Gesellschafter finanziert und verpflichtete sich, alle Grundstücke ausschließlich an die Terracult zu verkaufen", erklärt Pöchinger. Die Reper habe 2009/2010 aber gegen zwei Ex-Verantwortliche Strafanzeigen erstattet. Sie sollen "Urkunden gefälscht und nicht existente Grundstücke erworben" haben. Einer der beiden, ein Deutscher, soll laut dem Detektivbericht 2006 aus einem Gefängnis in Deutschland entwichen und bis zu seiner Festnahme im Oktober 2013 "auf der Flucht" gewesen sein. Anwältin Pöchinger: "Herr Kulterer musste die Reper durch Zuschüsse und Darlehen retten." Der verursachte Schaden soll eine Million Euro betragen haben.

Kommentare