Von Sophie Haller und Robert Kleedorfer
Ein Spaziergang über Graben und Kohlmarkt in der Wiener Innenstadt führt unweigerlich an der Boutique von Cartier vorbei, die seit Ende Mai Pariser Eleganz und Wiener Charme neu zu vereinen versucht. Das Funkeln der Vitrinen und das aufwendige Wand-Makramée im Eingangsbereich sollen bereits beim Betreten des Stores den Eindruck erwecken, in ein lebensgroßes Schmuckkästchen einzutauchen, wie Alexis de Laporte, Nordeuropa-Chef von Cartier, beim Besuch des KURIER erklärt.
Der 24. Mai markierte das Ende einer 11-monatigen Umbauphase und die offizielle Wiedereröffnung der Wiener Cartier-Filiale. Die Geschäftsfläche, die sich über drei Stockwerke erstreckt, wurde auf 334 m2 verdreifacht. Nun soll es mehr Platz für ansprechende Kundenbetreuung und Rückzugsorte für das Personal geben. 200 der 334 m2 sind dabei dem Team vorbehalten. Insgesamt beschäftigt Cartier 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Wien.
Heimische Manufakturen
Die Renovierung des Stores erfolgte im Wiener Stil, um das von Cartier hochgeschätzte Kultur- und Kunsterbe der Stadt widerzuspiegeln. „Was zählt ist das, was eine Boutique umgibt. Und gemütlich beschreibt den umgebenden Wiener Flair am besten“, schwärmt de Laporte. Die Einrichtung der neuen Boutique enthält Elemente im Wiener Jugendstil, zahlreiche Ornamente sind eine Hommage an Gustav Klimt, wie de Laporte erklärt. In Zusammenarbeit mit österreichischen Manufakturen wie Augarten Porzellan, dem Glashersteller Lobmeyr und der Lampenmanufaktur Woka wurden kulturelle Einflüsse der Bundeshauptstadt in einem aufwendigen Interieur zusammengeführt.
„Die Neugestaltung wurde hauptsächlich für die lokale Kundschaft vorgenommen, wobei der Store eine gute Mischung von Touristen und Einheimischen anzieht“, meint de Laporte. Die Wiener Filiale sei vermehrt auf Touristen angewiesen, genießt aber gleichzeitig das Vertrauen eines heimischen Stammpublikums, das die Tradition und das Storytelling von Cartier schätzt.
Cartier legt laut de Laporte Wert auf historische Handwerkskunst, zeitlose Ikonen sowie moderne Raffinesse. Um die Neueröffnung und den weltweiten Launch der neuen Kollektion Nature Sauvage zu zelebrieren, veranstaltete Cartier eine zweiwöchige Eventreihe an ausgewählten Orten der Wiener Kunst- und Kulturszene, zu der langjährige Kunden aus aller Welt sowie brand ambassadors und Prominente eingeladen wurden.
Wie de Laporte verdeutlicht, wurde die Boutique vor allem für den Zweck einer Verbesserung der Kundenbetreuung neugestaltet und angepasst. Teils durchwachsene Google-Bewertungen des Wiener Cartier Stores verweisen in der Vergangenheit auf zu lange Wartezeiten oder eine unfreundliche Bedienung. Cartier will künftig die Kundenzufriedenheit stärker überwachen und kontrollieren. Die Umsätze sollen gemäß den Erwartungen des Nordeuropachefs mit dem Ausbau der Geschäftsfläche steigen.
In den Segmenten Schmuck und Uhren gäbe es keine spezifischen Trends festzustellen, „Kunden von Cartier bevorzugen zeitlose Ikonen“. Auch die junge Generation zeige Interesse an diesen Ikonen, zu denen Love, Panthere, Clou und Trinity zählen. In Anbetracht der aktuell hohen Goldpreise spüre auch Cartier so wie zahlreiche andere Mitbewerber vereinzelt ein preissensitiveres Kaufverhalten.
Wien als Luxusziel
Laut Tourismusdirektor Norbert Kettner hat sich Wien mit 25 Luxushotels und einer Vielzahl an hochwertigen Marken als gern besuchte Luxusdestination etabliert. 9 von 10 Touristen würden die Stadt Wien als Tourismusdestination weiterempfehlen. Weltweit betrachtet sind gemäß des ITB World Travel Trends Report aus dem Jahr 2017 circa 7 Prozent der Reisen Luxusreisen, die zugleich für 20 Prozent der globalen Reiseausgaben verantwortlich sind. Auch für Wien und Cartiers Filiale sind Luxustouristen damit von essenzieller Bedeutung. Wiens Kaffeehauskultur und Boutiquen, wie Cartier, übernehmen, so Kettner, zudem eine wichtige Rolle in der Schaffung von so genannten third places. Third places bezeichnen Begegnungszonen für Touristen und Einheimische. „Es ist eine sehr gefährliche Situation, wenn Touristen und Einheimische in einer Stadt komplett separiert voneinander leben“, so Kettner.
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