Schulbücher als Geschäftsmodell

Schulbuchautor Gerald Fröhlich aus Zwettl.
Seine Unzufriedenheit mit den Inhalten vieler Schulbücher hat Gerald Fröhlich dazu animiert, selber moderne Lernunterlagen auf den Markt zu bringen.

Auch wenn der Schulbuchmarkt in Österreich unter fast 80 Verlagen hart umkämpft ist und von den Autoren ein gewisses Maß an Idealismus verlangt wird, gibt es Schreiber, die mit Leib und Seele dafür arbeiten. Gerald Fröhlich, 46, aus Zwettl ist Lehrer für Betriebswirtschaft und Rechnungswesen an der Höheren Bundeslehranstalt für Tourismus und Wirtschaft (HLTW) in Wien 13 und gehört zu jenen Autoren, die nebenberuflich höhere Interessen verfolgen, als mit dem Schreiben nur Geld zu verdienen.

KURIER: Weswegen haben Sie mit dem Entwerfen und Schreiben von Schulbüchern begonnen?

Gerald Fröhlich: Ich war unzufrieden. Als es darum ging, für meine Klassen die Lehrbücher auszusuchen, habe ich festgestellt, dass die Inhalte nur trockene Theorie waren. Zwei Jahre lang habe ich keine Bücher mehr bestellt, sondern meinen Unterricht nur noch mit selbst erstellten Arbeitsblättern absolviert. Da ich ein Revolutionsgen in mir trage, wollte ich nicht jammern, sondern selber aktiv werden. Ich will den Schülern nämlich beweisen, dass Wirtschaft auch voll cool sein kann.

Ein Verlag wird aber bestimmt nicht extra auf Sie gewartet haben?

Ich hatte das Glück, dass mein Co-Autor Johannes Lindner Kontakte zum Österreichischen Bundesverlag Schulbuch (ÖBV) hatte, Peter Krauskopf kam später ins Team. Mit den Verantwortlichen besteht jetzt ein enger Kooperationsvertrag.

Was hebt ihre Schulbücher von Konkurrenzprodukten ab?

Unsere Bücher unter dem Titel "Wirtschaft gestalten", die für Handelsakademien (HAK), Handelsschulen (HAS) und Höhere Lehranstalten für Wirtschaftliche Berufe (HLW) erarbeitet wurden, sind praxisnah, anschaulich und verständlich verfasst. Die Inhalte reichen zum Beispiel von Verträge abschließen über Geschäfte abwickeln, Entscheidungen treffen, Probleme beim Kaufvertrag lösen bis hin zu Zahlungen durchführen. Bei uns kommen viele Fallbeispiele realer Unternehmen wie etwa Sonnentor oder der Firmengruppe Kastner vor, um Jugendlichen ein besseres Verständnis zu geben, wie solche Firmen tatsächlich funktionieren.

Bekommen Sie Geld dafür, wenn bestimmte Firmen in ihren Schulbüchern genannt werden?

Es darf kein Geld fließen. Trotzdem nennen wir lieber reale mittelständische Unternehmen anstelle von erfundenen Firmen, damit Schüler die internen Abläufe leicht nachvollziehen können. Mir ist außerdem wichtig, dass Betriebe vorkommen, die auf Nachhaltigkeit setzen. Wir verzichten weitgehend auf Namen bekannter Konzerne, weil ihre Firmenstrukturen meist kompliziert sind.

Wie aufwendig ist es, ein Schulbuch auf den Markt zu bringen?

Man ist ungefähr eineinhalb Jahre von der Idee bis zum fertigen Werk gefordert. Schon beim Konzipieren muss man sich an den geltenden Lehrplänen der jeweiligen Schultypen orientieren. Sobald das Manuskript fertig ist, muss es beim Ministerium eingereicht werden. Mehrere Wochen später kommt entweder eine Genehmigung oder ein Gutachten, in dem Nachbesserungen verlangt werden, zurück. Erst wenn das Lehrerhandbuch und die Powerpointfolien fertig sind, erfolgt der Druck.

Sie sind auch Mitglied der gemeinnützigen "Initiative für Teaching Entrepreneurship", die Lernmaterialien – mit dem Fokus auf ökosoziales Wirtschaften – entwickelt. Worum geht es konkret?

Wir sind eine Initiative, die Jugendlichen Qualifikation vermitteln will, um deren unternehmerisches und vor allem verantwortungsvolles Denken zu fördern, und die sich dafür einsetzt, dass Jugendliche die Gesellschaft aktiv mitgestalten. Dafür entwickeln wir Unterrichtsmaterial, das auch in EU-Projekten zum Einsatz kommt, und machen Veranstaltungen wie den "Entrepreneurship Summit".

Welche Lernmaterialien wurden in jüngster Zeit veröffentlicht?

In Kooperation mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien-Krems haben wir das Kartenspiel "Changemaker" und ein Handbuch unter dem Titel "Sustainability meets Entrepreneurship" erstellt. Beide Materialen knüpfen an den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO an. Wir schreiben auch Kinderbücher, wie etwa "20 Euro auf der Spur", in denen wir ohne Fachvokabular Wirtschaftskreislauf, Arbeitsteilung oder Wertschöpfung erklären.

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