Schrems: Die Stadt der Lehrlinge

Die Stadtgemeinde Schrems
Die Wirtschaftsregion Schrems ist Heimat von 300 Betrieben. Mit dem Umbau der Landesberufsschule will man junge Menschen in die Stadt locken.

Die Parkplätze am Hauptplatz in Schrems stehen Freitagmittag leer. Die Sonne erhitzt die malerischen Fassaden der Häuser, ab und zu tuckert ein Auto vorbei, zu sehen ist sonst keiner. Bürgermeister Karl Harrer wird punkt zwölf Uhr vor dem Stadtamt abgeholt. "Gehma zum Staudinger essen", ruft ihm seine Frau aus dem Auto zu. In den Schatten, unter die Sonnenschirme.

Ein Stück die Straße hinunter die erste Sehenswürdigkeit: Zwei große Holzjurten, die aus dem Wohngebiet ragen – die Schuhwerkstatt, in der die Waldviertler Schuhe des Schuhrebellen Heinrich Staudinger produziert werden. Einige Schritte weiter, auf der anderen Straßenseite das nächste Wahrzeichen: Die mehr als 600 Jahre alte Bierbrauerei Schrems. Die verkehrsreiche Landstraße Richtung Tschechien hinauf kommt man bald zu den Wirtschaftstreibern der Region: dem Fertighausbauer Elk und Eaton Industries. Obwohl Schrems überschaubar wirkt, erstreckt es sich auf über 60 , ganze 300 Unternehmen im Bereich Industrie und des produzierenden Gewerbes sind in und um die Stadt zuhause. Auch die Stein- und Granit-Industrien, für die Schrems berühmt ist, brummen wieder, erzählt der Bürgermeister Karl Harrer. Im Tourismus- und Kultur-Bereich habe man große Pläne. Der ruhige, fast schläfrige Eindruck der Stadt? Muss an der Spätsommer-Hitze liegen.

Weiter wachsen 2012 entstand hier mit der Nachbarstadt die "Wirtschaftskooperation gmündschrems". Der Standort dieser Kooperation – an den Achsen des Dreiecks Wien, Linz, Budweis – zählt zu den wichtigsten Wirtschaftsräumen des Waldviertels. In der Stadt, in der knapp 5500 Menschen leben, gibt es knapp so viele Arbeitsplätze, in der Region arbeiten mehr als 9000 Menschen. Und man will noch wachsen. Der neu errichtete Gewerbepark in der Horner Straße wartet auf Besiedelung von Unternehmen. "Wir wollen jetzt aktiv Firmen her holen", so Harrer.

Berufsschule für 17 Lehrberufe

Firmen holen, das heißt auch, attraktiv für qualifizierte Fachkräfte zu sein oder Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen zu bieten. Die stadteigene Landesberufsschule bietet 17 Lehrberufe an – darunter auch seltene handwerkliche Berufe, wie den Steinmetz oder den Oberteilherrichter. "Obwohl die allgemeinen Lehrlingszahlen rückläufig sind, ist die Landesberufsschule Schrems sehr gut ausgelastet – es gibt genügend Nachfrage", sagt der Bürgermeister. Wer an die Berufsschule ins Internat kommt, geht nach dem Abschluss meist zurück in seinen Ausbildungsbetrieb zurück, manchmal ist der nicht Schrems. "Jene aber, die in unseren Betrieben eine Ausbildung gemacht haben, die bleiben auch."

Dazu wurde im Sommer beschlossen: Die Landesberufsschule im 381 Jahre alten Schloss Schrems soll modernisiert werden. Bis 2019 soll der Wohntrakt abgerissen und mit 132 Betten wieder aufgebaut werden, eine moderne Wohnanlage entstehen. Auch die Lehrräume kriegen ein Lifting. Man will sich zeitgemäß präsentieren, damit die Jungen locken. 16 Millionen Euro nimmt man dafür in die Hand. "Es wird viel in die Jugend investiert. Wir hoffen, dass wir später noch den einen oder anderen Beruf dazubekommen", sagt Bürgermeister Harrer.

450 Lehrlinge lernen im Bezirk, 300 allein in der Region Schrems. Über 50 Lehrberufe stehen den Jugendlichen hier zur Auswahl. Einer der größten Ausbildner der Region, Eaton, bildet im Moment 49 Lehrlinge aus. Acht davon sind Mädchen, das Unternehmen will mehr Frauen in die Technik holen. Und man scheint sich hier die nächste Fachkräfte-Generation selbst zu kreieren: Von den 750 Mitarbeitern am Standort waren 393 bei Eaton in der Lehre.PersönlichkeitenZurück in den Stadtkern, zu den Holzjurten der Waldviertler Werkstätten. Hier spaziert Chef Heini Staudinger mit einem Begleiter im Durchgang herum, diskutiert wild gestikulierend. Im Verkaufsraum, den man von der Straße aus sieht, wuseln die Mitarbeiter und Kunden herum. Hier ist was los. Nicht selten kommen Busse mit Touristen. Man will die berühmten Schuhe kaufen, aber auch ein bisschen den nicht weniger berühmten Schuhrebellen, den man aus den Medien kennt – Stichwort FMA – persönlich sehen, erzählt der Bürgermeister.

20.000 Paar Schuhe verkauft

Staudinger hier im Jahr. 2015 hatte er den größten Umsatz der Firmengeschichte – 18,5 Millionen mit den Waldviertler Werkstätten, 12,5 Millionen mit seinen GEA-Schuhgeschäften. Um der "depressiven Luft im Waldviertel" vorzubeugen", wie er auf seiner Homepage schreibt und um mehr Besucher in die Stadt zu locken, hat er die GEA Akademie – ein Kurs- und Seminarangebot – gegründet. 2013 kaufte er zudem das Hotel Post am Hauptplatz. Den Ort, wo unter Schatten spendenden Schirmen nun das Mittagsmenü serviert wird.

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