Bundeswettbewerbsbehörde: Die Wettbewerbshüter rüsten auf

Theodor Thanner
Mehr Mitarbeiter, Budget für 2017 fast verdoppelt. Geschäfte mit Gesundheit im Visier.

Schlechte Nachricht für Unternehmen, die Fairness am Markt nicht ernst nehmen. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) stockt 2017 die Zahl ihrer derzeit 38 Mitarbeiter um zehn Experten auf, hauptsächlich Ökonomen und Juristen. Das Budget der unabhängigen Behörde, die zum Wirtschaftsministerium von Reinhold Mitterlehner gehört, wird vom Bund von 2,7 auf 4,7 Millionen Euro fast verdoppelt. Damit will BWB-chef Theodor Thanner auch technologisch aufrüsten und IT-Forensiker an Bord holen. Das sind jene gefürchteten Experten, die sich durch Computersysteme arbeiten und Daten noch aufspüren, wenn diese längst gelöscht sind. Außerdem wird die Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre verlängert.

Dass Thanner mehr finanziellen Spielraum hat, verdankt er Brüssel. Die EU machte Druck auf Österreich, die knapp gehaltenen Kartellhüter endlich besser zu dotieren. Die Energiemarktaufsicht E-Control und die Telekom-Behörde RTR können sich wesentlich mehr Mitarbeiter leisten, obwohl sie nur für einen Bereich zuständig sind. Ganz zu schweigen von der Finanzmarktaufsicht (FMA) mit 400 Beschäftigten. Die BWB gehört zu den kleinsten Wettbewerbsbehörden in Europa. Trotzdem hat sie der Republik seit der Gründung 2002 rund 170 Millionen Euro an Geldbußen gebracht. Eine lukrative Einnahmequelle für den Finanzminister.

Thanner will 2017 Bereiche durchleuchten, die bisher noch nicht auf seinem Radar auftauchten. Wie etwa der Gesundheitssektor. Eine Branche, geprägt von Fixpreisen, Gebietsschutz und (vermuteten) Monopolen, die Milliardenumsätze lukriert. Was Thanner so umschreibt: "Es gibt viele Phänomene, die wir auf den Prüfstand stellen werden". Man habe bereits Kontakt mit dem Gesundheitsministerium aufgenommen.

Für Österreichs obersten Kartelljäger ist es beispielsweise "nicht nachvollziehbar, warum man auf einen MRT-Termin durchschnittlich zwei bis drei Monate warten muss. Zahlt man privat, kommt man am nächsten Tag dran". Oder die Gratisabgaben von Medikamenten an Spitäler, die Beteiligungen von Pharma-Unternehmen an Apotheken samt deren Gebietsschutz oder der Einstieg von privaten Krankenversicherern bei Spitälern.

Ende Jänner muss das Bankomat-Monitoring fertig sein. Diese Studie soll der Politik als Entscheidungsbasis für eine mögliche Regelung der umstrittenen Bankomat-Gebühren dienen. Banken und Konsumenten wurden schon befragt, wobei sich herausstellte, dass die meisten Kunden ad hoc keine Ahnung von ihren Bankgebühren haben.

Ungemütlich könnte es 2017 für die Bestatter werden. Von mehr als 400 evaluierten Gemeinden werden nur in St. Georgen an der Gusen die Kosten transparent ausgewiesen. "Jeder Bestatter soll sein Geschäft machen, aber für die Kunden müssen Preisvergleiche möglich sein", sagt Thanner.

Bis zum 7. Jänner muss der Oberste Gerichtshof über die Beschwerde der Novomatic entscheiden. Der Glücksspielkonzern akzeptierte die Auflagen für die Übernahme des teilstaatlichen Konkurrenten Casinos Austria nicht. Was den Wettbewerbswächtern den Vorwurf einbrachte, eine österreichische Lösung zu verhindern. "Das Kartellrecht gilt auch für das Glücksspiel", kontert Thanner trocken. Wie zu hören ist, dürfte das Höchstgericht den Deal nicht durchwinken."Sehr genau anschauen" will Thanner die Vorgänge zwischen Lufthansa, AUA, Air Berlin und NIKI. Zwar ändern sich die Konstellationen laufend, aber dass die Konkurrenten zusammenrücken, scheint fix. Die Frage ist, ob der Lufthansa-Konzern den Markt beherrscht und die Ticketpreise diktieren kann.

Mit den aufgestockten Ressourcen könne man künftig mehrere große Fälle gleichzeitig bearbeiten, hofft Thanner. Auch mehr Pränotifikationsgespräche könnten geführt werden, die erste konkrete Verhandlungsstufe mit den betroffenen Unternehmen. Verhandeln hält Thanner grundsätzlich für vernünftiger, als "Fälle jahrelang durchzustreiten". Vor allem, wenn es um Arbeitsplätze gehe. So wie bei der Übernahme von bauMax durch Obi. Thanner: "Niemand hat etwas davon, wenn ein Unternehmen verschwindet und die Jobs verloren gehen". Fälle,bei denen Jobs gefährdet sind, haben Priorität.

Die BWB leitet ihre Ermittlungen an das Kartellgericht weiter, das über die Höhe der Strafe entscheidet. Die spektakulärsten Fälle heuer waren die Millionen-Geldbußen für Spar, Media-Saturn, das Schienen-Kartell und Speditionen.

Die BWB muss sich die Kritik gefallen lassen, die "case agents" (Experten, die Fälle bearbeiten) seien bei Hausdurchsuchungen manches Mal zu eifrig. Heuer rückte die Truppe zwölf Mal aus. Zusammen mit der Wirtschaftskammer informiert die BWB Unternehmen über Prävention, "ein Teil unserer Aufgaben" (Thanner). In einer gemeinsamen Broschüre werden Verhaltensregeln ("ruhiger, professioneller, kooperativer Umgang") ausgegeben. Und das Trainieren von Hausdurchsuchungen empfohlen.

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