Doch Hlawati entschied anders. Begründet wird der Rauskick damit, dass Aufsichtsratsmandate auch international nicht über zwei Perioden hinaus verlängert würden. Stimmt grundsätzlich, allerdings bekommt man einen Kapazunder wie Hesoun nicht so leicht.
Als gutes Vorbild will Hlawati selbst 2023 von der Spitze des Post-Aufsichtsrates abgehen.
Die Grande Dame der Wirtschaftsanwälte hat in ihren drei Monaten als ÖBAG-Chefin die Spielregeln der Politik jedenfalls schnell gelernt: SPÖ-naher Hesoun raus, dafür rote Finanzfrau hinein. Edeltraud Stiftinger, Geschäftsführerin des AWS, der Förderbank des Bundes, wird neue Vize-Chefin im BIG-Aufsichtsrat. Sie war Hlawatis Stellvertreterin bei der Post. Ein besonders geschickter Schachzug, der politisch obendrein äußerst korrekt ist. Hlawati ist Hesoun los, hat ihn aber nicht plump durch einen ÖVP-Kandidaten ersetzt, sondern durch eine SPÖ-nahe Frau, die auch noch ihre Vertraute ist. Stiftinger gilt als Protege von Ex-Siemens-Vorständin und SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer.
Unvereinbarkeiten?
Heikel wegen möglicher Unvereinbarkeiten ist der Einzug in die BIG von Claudia Brey, der Chefin der ÖBB-Immobilien. In ÖBB-Kreisen wird die Besetzung teils heftig kritisiert. Dazu muss man wissen, dass es bei der BIG immer wieder Begehrlichkeiten auf den riesigen Immobilienbesitz der Staatsbahn gab, dessen Performance stark verbesserungsfähig ist.
Zuletzt hatte die von der grünen Klimaministerin Leonore Gewessler eingesetzte Aufsichtsratschefin Andrea Reithmayer betrieben, die BIG möge Verwaltung und Sanierung der ÖBB-Immobilien übernehmen. Betriebsratschef Roman Hebenstreit ging sofort auf die Barrikaden, ÖBB-Boss Andreas Matthä lenkte rasch ein und das Thema war vorläufig erledigt.
Die BIG bekommt jetzt also eine Aufsichtsrätin, die alles über die Bahn-Immobilien weiß. Anzunehmen, dass diese Diskussion wieder beginnt. Was aber dann? Die ÖBAG sieht hier keinen Interessenskonflikt, beide Unternehmen seien in der Immobilienbewirtschaftung, aber nicht in einem Konkurrenzverhältnis. Sollte es zu gemeinsamen Projekten kommen, werde sich Frau Brey der Stimme enthalten, erklärt dazu ÖBAG-Sprecher Michael Mauritz. Kennt man, dann gehen Aufsichtsräte mit Unvereinbarkeitsproblemen bei der Abstimmung halt kurz vor die Türe.
Die ehemalige ÖVP-Staatssekretärin Christine Marek wird in der BIG nicht verlängert.
Haslauer-Ehefrau bleibt
In der BIG-Tochter ARE, in der Projekte gemeinsam mit großen privaten Anbietern wie den Soravias entwickelt werden, kommt es ebenfalls zu Änderungen. Markus Neurauter, bisher Aufsichtsrat der BIG, wird Vorsitzender der Cash-Cow ARE.Der Ex-Chef von Raiffeisen Evolution und ehemalige Strabag-Vorstand mit guten Kontakten zu Immo-Tycoon Rene Benko kam laut Insidern über Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz in die BIG.
Christina Haslauer, Anwältin und Ehefrau des Salzburger ÖVP-Landeshauptmannes, bleibt ebenso im ARE-Aufsichtsrat wie der ehemalige Flughafen-Vorstand Christian Domany (ÖVP).
Noch im Mai läuft der gesamte Aufsichtsrat der Lotterien, der Cash-Tochter der Casinos Austria, aus und wird ersetzt. Darunter auch Ex-ÖVP-Finanzminister und Raiffeisen-Manager Josef Pröll. Der tschechische Mehrheitseigentümer Allwyn (vormals Sazka) will einen Neuanfang ohne Naheverhältnisse zur Politik, hört man.
Debatte um Funktürme, ÖBAG-Direktorin geht
In der Staatsholding selbst gibt es einen unerwarteten Abgang. Carola Wahl, von Hlawati bestellte neue Direktorin mit Telekom-Expertise, geht wieder zurück nach München. Laut ÖBAG aus privaten Gründen, sie steht noch bis Jänner 2023 zur Verfügung. Insider berichten, Wahl gehe deswegen, weil sie den brisanten möglichen Verkauf der Funktürme der A1 Telekom Austria im Gegensatz zu Hlawati äußerst kritisch beurteile
Mehrheitseigentümer America Movil will wie berichtet mit dem Verkauf Kasse machen. Die ÖBAG hat sich noch nicht entschieden, das Projekt sei in der Evaluierungsphase. Unter Bundeskanzler Nehammer dürfte jedoch ein Verkauf der Towers, die kritische Infrastruktur sind, ohnehin keine Chancen haben.
andrea.hodoschek@kurier.at
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