Boeing: Milliardenschweres Desaster im Weltraum

NASA befürchtet, Starliner-Kapsel könnte die ISS zerstören
Boeings Pannenserie im All - gestrandete Astronauten auf ISS, 24 sicherheitsrelevante Fehler bei Mondrakete der NASA.

Rund um den US-Konzern Boeing häufen sich die Hiobs-Botschaften. Nach Fertigungsschwierigkeiten und zwei Abstürzen der Max-Flugzeuge, wird nun auch das Weltraumabenteuer zum Desaster. Boeing soll dadurch bereits 1,6 Milliarden Dollar Verlust (Stand zum Halbjahr) gemacht haben und ein Ende der Abwärtsspirale ist noch nicht in Sicht, selbst das NASA-Mondlandeprogramm Artemis könnte sich dadurch verschieben. 

Aktuell sind zwei Astronauten auf der internationalen Raumstation ISS gestrandet. Suni Williams und Butch Wilmore sind im Juni zu einem ursprünglich nur für acht Tage geplanten Besuch auf der Station gestartet. Zur Überraschung vieler Beobachter gab es trotz mehrerer Löcher in den Tanks grünes Licht für den Jungfernflug des Starliners

Im All wurden zusätzliche Probleme mit den Triebwerken festgestellt, weshalb die Astronauten nun auf der ISS festsitzen. Wann sie zurück zur Erde dürfen, ist noch unklar, möglicherweise überhaupt erst im kommenden Februar. Dann dürfte es aber nicht mit einem Starliner funktionieren, sondern ausgerechnet mit einer Crew-Dragon vom Hauptkonkurrenten SpaceX des Milliardärs Elon Musk. Dann wäre die Blamage des ohnehin um Jahre verzögerten Boeing-Weltraumprogramms endgültig perfekt. 

2016 sollte der Starliner erstmals unbemannt zur ISS fliegen, 2017 mit einer Crew an Bord. Dafür erhielt Boeing ein Budget zur freien Verfügung von insgesamt 4,2 Milliarden US-Dollar, das nun mehr als aufgebraucht ist. Möglicherweise kommt noch eine Zahlung für den Rücktransport der zwei Gestrandeten obendrauf. Dann würde der Starliner ohne Crew zurückfliegen. Und außerdem müsste es weitere unbemannte und teure Testflüge geben.  

Schon bei einem ersten unbemannten Testflug im Jahr 2019 führte ein Softwarefehler dazu, dass Boeings Starliner den Orbit der ISS nicht erreichte. Ein zweiter Softwarefehler hätte fast zu einer katastrophalen Kollision zwischen den Modulen geführt, wurde aber gerade noch rechtzeitig erkannt und behoben. Im Jahr 2021, als die Rakete auf der Startrampe für einen neuen Flug stand, erzwangen blockierte Ventile eine weitere Verschiebung. Schließlich erreichte das damals noch unbemannte Raumschiff die ISS im Mai 2022. Allerdings flog zuvor im Rahmen des Transportes zum Montagegebäude ein Schutzfenster weg. Weitere Probleme, wie zu schwache Fallschirme, das Versagen eines Fallschirmes und brennbares Klebeband im Starliner, das entfernt werden musste, führten zu weiteren Verzögerungen des Fluges mit Besatzung.

Doch damit nicht genug: Die interne Aufsichtsbehörde der NASA hat die Arbeit von Boeing an der nächsten Version des Space Launch System (SLS), der Mondrakete der Raumfahrtbehörde, untersucht und dabei gravierende Mängel festgestellt. 

"Boeings Verfahren zur Behebung von Vertragsverletzungen ist ineffektiv. Das Unternehmen reagierte generell nicht auf Korrekturmaßnahmen, als dieselben Qualitätskontrollprobleme erneut auftraten", heißt es in dem kürzlich veröffentlichten Bericht. Allein zwischen September 2021 und September 2023 seien insgesamt 71 Probleme festgestellt worden, 24 davon waren sicherheitsgefährdend. Diese waren offenbar so massiv, dass die NASA sogar überlegt hat, eine neue, höhere Gefährdungsstufe einzuführen, berichtet Space News. 
 
Grund dafür seien auch Personalprobleme, da Boeing vergleichsweise niedrige Gehälter zahlt und wenig attraktive Standorte bietet. All das könnte zu weiteren Verzögerungen im aktuellen Mondlandeprogramm führen. Eigentlich sollten heuer im Frühjahr erstmals wieder Menschen auf dem Erdtrabanten spazieren. Doch auch hier häufen sich die Probleme der NASA - weder gibt es eine einsatzbereite Landefähre, noch eine funktionierende Raumkapsel oder Anzüge. Aktuell ist der Flug mit Artemis 3 für 2026 geplant, doch an dem Termin zweifeln viele. Wahrscheinlicher ist 2027 oder 2028.
 
In Sachen Starliner ist die Sache jedenfalls brisant, denn die Letztverantwortung über einen möglichen Heimflug trifft in den USA der Vizepräsident - aktuell Kamala Harris. Und es ist eher nicht zu erwarten, dass diese vor der Präsidentschaftswahl das Leben von zwei Astronauten riskiert. Die Entscheidung für den Rückflug des Starliners soll bis Ende August fallen. 

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