Biosprit: Einführung wird zu Steuerstreit

Biosprit: Einführung wird zu Steuerstreit
Klimaschutz oder versteckte Bauernförderung? Mögliche Steueranreize für die E10-Einführung sorgen für Aufregung.

Werden Österreichs Autofahrer schon 2012 den Bio-Treibstoff E10 tanken? Hinter den Kulissen tobt aktuell ein erbitterter Streit um die Markt-Einführung des Treibstoffs mit zehn Prozent Ethanol-Anteil aus Agrarrohstoffen.

Das Match lautet offenbar ÖVP versus SPÖ, Agrarbranche gegen Autofahrerclubs und Mineralölindustrie. In Deutschland war die Einführung von E10 schlecht vorbereitet und ist aus mehreren Gründen gefloppt (siehe unten). Befürworter wünschen sich daher einen kräftigen Nachlass bei der Mineralölsteuer, um den in der Produktion teureren Sprit an der Zapfsäule attraktiv zu machen. Doch im Finanzministerium ist man davon wenig begeistert.

Die Positionen im Überblick:

Umweltministerium
Niki Berlakovich ist offiziell zuständig für die Einführung von E10, braucht dafür aber die Zustimmung von Wirtschafts-, Verkehrs- und Gesundheitsministerium. Geht es nach den Plänen von Berlakovich, der auch Agrarminister ist, soll der Sprit im Oktober 2012 an den Zapfsäulen erhältlich sein. Dabei bemüht man vor allem das Klimaargument: "Die CO2-Emissionen konnten bereits durch die aktuelle Beimischung (Anm. rund 5 Prozent ) um 1,7 Millionen Tonnen verringert werden", so eine Sprecherin, die Abhängigkeit von Erdölimporten werde geringer.

Verkehrsministerium
"Ein Einvernehmen über die E10-Einführung ist nicht gegeben", meint aber ein Sprecher von Verkehrsministerin Doris Bures. Es gäbe keinen Handlungsbedarf für die rasche Markteinführung. Nachsatz: "Es ist nicht erkennbar, dass diese Technologie für den Klimaschutz etwas bringt." Die Klimaschutzziele der EU solle man lieber über Formen der Elektromobilität zu erreichen versuchen. Skeptisch sei übrigens auch das Gesundheitsministerium, das Wirtschaftsministerium kann sich laut einer Sprecherin mit der raschen Einführung anfreunden.

Finanzministerium
Weil Ethanol aktuell recht teuer ist, kostet Bio-Sprit in der Produktion mehr als herkömmliches Benzin. Um diesen Nachteil an der Zapfsäule auszugleichen, fallen für E5 derzeit 3,3 Cent weniger Mineralölsteuer pro Liter an. Ob das auch für E10 gilt, dazu hat man im Finanzministerum "aktuell noch keine Position." Laut Arbeiterkammer würde diese "Steuerspreizung" 160 Mio. Euro Steuerentfall bedeuten. "Wir haben momentan keinen Spielraum, um Entlastungen vorzunehmen", zeigt sich ein Sprecher tendenziell skeptisch. Eine offizielle Anfrage des Umweltministers gäbe es noch nicht, gleichzeitig wolle man die laufende EU-Diskussion um die Energiesteuerrichtline abwarten.

Autofahrerclubs
Beim ÖAMTC gibt man sich noch abwartend, der ARBÖ hat bereits eine Unterschriftenaktion (www.arboe.at/E10) gegen E10 laufen. Hauptargument eines Sprechers: "E10 wäre um vier Cent teurer als Euro-Super." Das sei nur eine Begünstigung der Landwirtschaft. Mehr als 200.000 Autos in Österreich würden E10 nicht vertragen. "Denn E10 wirkt extrem korrodierend." Betroffen seien Autos, die vor 2006 zugelassen wurden.

Agrana
Der Agrarkonzern ist der einzige heimische Hersteller von E10. Aktuell werden 210.000 m³ produziert, die Hälfte davon wird exportiert. Die Agrana verweist auf eine positive Klimastudie für ihr Ethanol (www.agrana.at/unsere-produkte/staerke/). "Wenn E10 eingeführt wird, würde der Export wegfallen und damit auch der Transport ins Ausland", meint eine Sprecherin. Verwendung finden minderwertiger Mais und Weizen aus Österreich und Osteuropa, als Nebenprodukt fällt Eiweißfutter an.

Mineralölkonzerne
Bei der OMV will man zum heiklen Thema offiziell nichts sagen, verweist lieber auf den Fachverband der Industrie (FVMI). Mit Hinweis auf das Chaos in Deutschland plädiert man dort für eine schrittweise und freiwillige Einführung. "Und man muss E10 von Beginn an mit einem entsprechenden steuerlichen Anreiz verkaufsfähig machen", so Präsident Christoph Capek. Zentrale Position: "Wir sind für eine verpflichtende Einführung erst ab frühestens Oktober 2014."

Einführung in Deutschland war ein Flop

In Brasilien und Schweden tankt man E85, in den USA E15. Doch im Auto-affinen Deutschland scheiterte die Einführung von E10 heuer am Konsumentenboykott.

90 Prozent Anteil am Super-Benzin erhoffte das deutsche Umweltministerium für E10, im Sommer lag die Quote bei traurigen 13,9 Prozent. Ministerium und Spritbranche schoben sich gegenseitig den Schwarzen Peter für die mangelhafte Kommunikation zu. Übrig blieb der Autofahrer, der um seinen Motor fürchtete und dem der Anreiz für einen Umstieg fehlte: E5 ist zwar um rund drei Cent teurer, enthält aber mehr Energie als E10, wodurch sich der Unterschied durch höhere Fahrleistung ausgleicht.

Der Mineralölindustrie drohen nun saftige Strafzahlungen für die Nichterreichung der Quote, BP-Europa-Chef Uwe Frank sprach von 300 bis 400 Millionen Euro. An eine Änderung denkt die deutsche Bundesregierung bisher nicht, will nun aber den Absatz von reinem Biodiesel forcieren.

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