Plastik ist out, wer was auf sich hält, versucht den Müllberg zu reduzieren.
Einziges Problem: Eine optimale Alternative zur Plastikverpackung scheint noch nicht gefunden. Viel ist die Rede von Verpackungen aus Mais oder Zuckerrohr, deren Ökobilanz ist aber selbst unter Experten umstritten. Oft sei die Herkunft der Rohstoffe nicht nachvollziehbar, sagen Bio-Produzenten. Was nütze eine Verpackung aus Zuckerrohr, wenn für dessen Produktion großflächig Regenwald gerodet wurde.
Während Wissenschafter also noch nach dem Heiligen Gral suchen, sind Vertreter der Verpackungsindustrie auf der Biofach heuer so präsent wie nie zuvor. „Dauernd kommt einer zu meinem Stand und will mir eine Verpackungslösung anbieten“, sagt ein Standler.
Die aktuelle Plastikdebatte bringt auch die alte Seife zum Haarewaschen zurück ins Badezimmer. Mehr als eine Million Stück davon soll allein die Drogeriemarktkette dm im Vorjahr verkauft haben.
„Die nächste Welle wird der Conditioner in Seifenform sein“, hofft Stefan Neuheimer von der niederösterreichischen Firma Velvety. Früher sei Haarseife etwas für Hardcore-Ökos gewesen, man musste sie mit Essig aus dem Haar waschen. Das sei jetzt anders.
Vereinfacht gesagt handle es sich um ein hoch konzentriertes Shampoo ohne Wasserzusatz. Neuheimer: „Eine Seife reicht für 60 Waschgänge, sie ersetzt zwei bis drei Plastikflaschen mit Shampoo.“ Auf diese Weise habe sein Unternehmen, das mit 35 Mitarbeitern in der niederösterreichischen Produktion, Badezusätze, Shampoos und Conditioner für Handelseigenmarken produziert, drei Millionen Plastikflaschen eingespart. Der Markt wächst, was auch Branchenriesen wie Schwarzkopf nicht verborgen bleibt, die nun auch in die Seifenproduktion einsteigen.
Um Styling-Fragen geht es auch bei Martin Kost. Er ist mit zig Bürsten, Kämmen und Rasierpinseln zur Biofach gefahren und fällt am Innovationen-Stand mit seinem neuen Schnauzer-Holzkamm auf.
„Damit kann man den Schnauzer akkurat teilen und stylen“, erklärt Kost. Und zwar antistatisch, dank Holz. Klingt nach einem Hipster-Start-up vom Berliner Prenzlauer Berg, ist aber ein Traditionsbetrieb seit 1848. Kosts Vorfahren waren über Generationen Kammmacher-Meister. „Bis zu meinem Großvater“, sagt er. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es nur noch bunte Kämme aus Plastik, das Ende des uralten Handwerks war besiegelt.
Auch die Biowelt und damit die Biomesse habe sich gewandelt, beobachtet ein Aussteller, der seit 32 Jahren dabei ist. Inhaber von kleinen Läden seien kaum mehr unter den Besuchern. Die Messe ziehe heute vor allem Importeure, Private-Label-Hersteller und Großhändler aus aller Welt an.
„Die Beschaffung der Bio-Rohstoffe ist ein Riesenthema, deswegen stellen hier immer mehr Erzeugergemeinschaften oder Lieferanten von Ölen oder Samen aus“, beobachtet auch Kost. Das Geschäft laufe über Großhändler, selbst bei seinen Bio-Kämmen, die auch bei Naturkosmetikfriseuren in Österreich verkauft werden.
Die Rohstoff-Beschaffung ist auch beim Jausenpapier von Rosa und Benedikt Wurth Thema. „Heute hat uns jemand Bio-Wachs aus Afrika angeboten“, erzählt Wurth. Für ihn sei das keine Alternative, sein Honigwachs komme aus Österreich und Deutschland. Einfach sei das nicht, aber zumindest einfacher als in Großbritannien. „Dort darf man Honig nur als Bio vermarkten, wenn es im Umkreis von sechs Hektar keine konventionell bewirtschafteten Felder gibt“, habe ihn gerade ein Lieferant aus Großbritannien erzählt.
Hinweis: Der Besuch der Branchenmesse Biofach in Nürnberg erfolgte auf Einladung der Agrarmarketing Austria.
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