"Am 25. des Monats ist das Portemonnaie einfach leer"

Trotz Kaufzurückhaltung legten bei der Rewe-Gruppe die Umsätze zu
Frank Hensel, Österreich-Chef von Rewe, ortet eine schlechte Konsumstimmung.

Wenn Rewe-International-Vorstandschef Frank Hensel (Billa, Merkur, Bipa, Penny, Adeg) die Umsatzzahlen seiner Filialen studiert, kommt er zu folgender Erkenntnis: "Am 25. des Monats ist das Portemonnaie einfach leer." Die Leute geben weniger aus. So gesehen war der heurige Ostertermin Ende März schlecht fürs Geschäft. "Daran konnte auch die Steuerreform nichts ändern", meint der Handelsboss. "Diese ist überschattet von einer permanent schlechten Konsumstimmung." Schuld seien die steigenden Arbeitslosenzahlen.

"Am 25. des Monats ist das Portemonnaie einfach leer"
Kurier Lernhaus, Frank Hensel , REWE Chef (Adeg, Billa, Bipa, Merkur, Penny),
2015 hat Rewe Austria dennoch mit einem Umsatzplus von 1,7 Prozent (nicht inflationsbereinigt) auf 8,14 Mrd. Euro abgeschlossen und damit seine Position als größter Lebensmittelhändler in Österreich weiter abgesteckt. Leicht war das Jahr nicht. Die Diskonter Hofer und Lidl haben den Konkurrenzkampf mit ihren Backshops angeheizt. Billige Semmeln und Weckerln bringen nicht nur mehr Umsatz bei Brot und Gebäck, sondern auch mehr Kunden in ihre Märkte. Rewe konterte u.a. mit dem Ausbau des Mehlspeisensortiments bei Merkur und Billa. Unterm Strich habe Rewe dadurch nur etwa einen Prozent Umsatz bei Brot- und Backwaren an die Diskonter verloren, sagt Hensel. Um den Diskontern, die immer mehr Marken in die Regale schlichten, die Stirn zu bieten, hat Rewe in den vergangenen zehn Jahren den Eigenmarken-Anteil (Clever, Ja! Natürlich) auf rund 25 Prozent verdoppelt. Aus Sicht der Händler haben die Eigenmarken den Vorteil, dass es sie nicht bei der Konkurrenz gibt – und sie damit auch nicht den direkten Preisvergleich stand halten müssen.

Aktionen

Gedreht haben die Rewe-Manager an der Aktionsschraube – der Anteil ist auf zuletzt 31 Prozent gestiegen. Sprich: Fast jeder dritte Artikel wird in Aktion gekauft. Ein hoher Anteil im Vergleich zum Diskont-Land Deutschland (20 Prozent), relativ moderat allerdings im Vergleich zu Tschechien (rund 50 Prozent).

Dass das Freihandelsabkommens TTIP die heimischen Bauern bald noch mehr unter Druck bringt, sieht Hensel nicht. "Das Thema steht konkret nicht an, wir müssen abwarten, was letztlich auf den Tisch gelegt wird." Im Übrigen sei für die heimische Landwirtschaft "auch der europäische Markt eine Bedrohung, weil überall billiger produziert wird". Schon allein wegen der größeren Strukturen in Deutschland oder den Niederlanden. Aus Hensels Sicht müssen sich Bauern Nischen suchen und in Qualität investieren, da sie im Massenmarkt nicht bestehen können. Er verweist auf den Milchmarkt: "Noch nie gab es so hohe Biomilch-Preise und zugleich so niedrige Preise bei konventioneller Milch."

Hensel will in seinen Märkten die Umsätze vor allem mit Fertigprodukten, Bio oder regionaler Ware ankurbeln. Regionalität sei auch in Osteuropa ein großes Thema, sagt der Handelsmanager, der auch für Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Russland, die Slowakei, Tschechische Republik und Ukraine zuständig ist. Über alle Länder hinweg ist der Umsatz im Vorjahr um knapp zwei Prozent auf 12,54 Milliarden gesunken. Grund dafür war der Verkauf der Standorte in Italien.

Kommentare