Betrugsprozess zu FACC: Wenn der Chef nicht echt ist
Nächster Verhandlungstag im Schadenersatzprozess gegen einen früheren Chef beim Innviertler Konzern FACC. Es geht um einen Millionenbetrug. Dazu sind am Freitag ein früheres und auch ein aktuelles Mitglied der Chefetage befragt worden.
Das Gericht erforschte damit interne Vorgänge. Dabei wurden die vorigen Angaben des verklagten Ex-Firmenchefs, und auch Sicherheitslücken, weitgehend bestätigt.
Hintergrund: Die FACC, mehrheitlich in chinesischer Hand, wurde Ende 2015 Opfer eines "Fake President Fraud". Das heißt: ein Hacker gibt sich in der internen digitalen Korrespondenz etwa per Mail als Chef aus, ist es aber nicht.
54 Millionen Euro auf ausländische Konten überwiesen
Bei FACC hatten sich die Täter also in E-Mails gegenüber der Buchhaltung als der Firmenchef ausgegeben und die Überweisung von 54 Mio. Euro auf ausländische Konten veranlasst.
Nach dem Auffliegen des Betruges wurden die Finanzchefin und der Firmenchef gefeuert. Vom ehemaligen Chef verlangt das Unternehmen nun in einem Zivilprozess 10 Mio. Euro Schadenersatz. Warum? Er habe kein ausreichendes Kontrollsystem geschaffen, lautet der Vorwurf.
Vieraugenprinzip oder nicht?
Konkret geht es also darum, ob ein Chef allein den Befehl für eine solche Überweisung in dieser Höhe geben kann oder ob es dazu ein zweites OK von einem weiteren Vorstandsmitglied geben muss.
Dem jetzigen Vorstandsmitglied war laut seinen Angaben immer klar, dass es ein Vier-Augen-Prinzip bei Überweisungen geben müsste. Er habe keine Hinweise gehabt, dass dies nicht gelebt werde. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass eine Person allein im Unternehmen hohe Summen überweisen konnte.
Mitarbeiter sind auf Sicherheitstests reingefallen
Ein Detail: So sei bei FACC in jener Zeit ein Handbuch für das Finanzmanagement erstellt worden, dieses sei aber bis zum Zeitpunkt des Betruges nicht abgeschlossen worden.
Zur Sprache kam auch, dass es einen Test zur Sicherheit im Unternehmen gegeben habe. Dabei hatten sich Mitarbeiter durch Anrufe von außen dazu verleiten lassen, für ein angebliches Computer-Update ihr Password bekannt zu geben.
Es sei einem der Tester auch der Zugang zu einem Drucker ermöglicht worden. Dabei konnte er das Gerät zur Weiterleitung von Daten manipulieren.
Gericht rät zu Vergleich
Das Gericht riet nach dem Schluss der Verhandlung erneut eindringlich zu einem Vergleich. Es bot sogar an, dass es zur Mitwirkung an einem inoffiziellen, nicht öffentlichen Vergleichsgespräch, in dem auch konkrete Summen auf dem Tisch liegen sollten, zur Verfügung stehe.
Daran sollten neben den beteiligten Parteien vor allem auch Vertreter einer bestehenden D&O (Directors-and-Officers)-Versicherung teilnehmen. Dabei handelt es sich um eine Haftpflichtversicherung, die Unternehmen für ihre Organe und leitende Angestellte für den Fall von Vermögensschäden abschließen. Dem stimmten alle zu. Man einigte sich auf den Termin 13. Mai im Landesgericht Ried.
Sollte es zu keiner Einigung kommen wird der Prozess am 20. Mai und an weiteren Tagen fortgesetzt werden. Unter anderem soll die in Deutschland befindliche Ex-Finanz-Chefin per Videokonferenz als Zeugin befragt werden.
FACC - ein High-tech-Zulieferer
Die FACC AG (ehemals Fischer Advanced Composite Components) ist ein chinesisch-österreichischer Flugzeugkomponentenhersteller mit Firmensitz in Ried/Innkreis.
Produziert werden etwa Flugzeuginnenausstattungen, Teile für Flügel und Leitwerk sowie Triebwerksteile und -verkleidungen. FACC-Technologie ist bei allen namhaften Flugzeugherstellern wie Boeing und Airbus an Bord.
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