Beim Aufstieg zur globalen Spitze blieb die Moral auf der Strecke

Nach der Steuer-Razzia wird die Kritik am Geldriesen härter und lauter.

Da müssen die Nerven wirklich blank gelegen sein. Jürgen Fitschen, der Co-Vorstand der Deutschen Bank, gilt als besonnener und ruhiger Manager. Als vergangenen Mittwoch 500 Fahnder wegen des Verdachts auf Steuerbetrug zu einer Großrazzia in der Frankfurter Zentrale des Bankriesen anrückten, griff er kurzerhand zum Telefon. Und beschwerte sich bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) über die breit angelegte Aktion.

Dieses Telefonat ließ am Montag weiter die Wogen hochgehen. Auch deshalb, weil gegen Fitschen selbst ermittelt wird. „Niemand steht in Deutschland über dem Rechtsstaat. Herr Fitschen macht den Eindruck, dass er das nicht verstanden hat“, wird Michael Meister, Vizechef der Unions-Fraktion, im Handelsblatt zitiert. Die Grünen in Hessen legten in einem Radio-Interview nach: Es sei offensichtlich bei manchen Leuten nicht klar, dass die Gesetze für alle gelten.

Fitschen hatte zur Jahresmitte gemeinsam mit Anshu Jain die Spitze der Deutschen Bank übernommen. Und war mit dem Credo angetreten, bei der Deutschen Bank für einen Kulturwandel zu sorgen. Sein Anruf beim hessischen Ministerpräsidenten wird jetzt allerdings nur mit Kritik und Kopfschütteln quittiert. Mit jedem Skandal, der ruchbar wird (der KURIER berichtete), wird lauter die Frage gestellt, wie aus einem ehemals „braven“ Bankhaus ein aggressives Zockerinstitut mit zwielichtigem Ruf werden konnte.

Übernahmen

Die Saat dazu wurde vor rund 23 Jahren gelegt. Das Investmentbanking, also das Geschäft mit und auf den Kapitalmärkten, war fest in angloamerikanischen Händen. Im biederen Kundengeschäft mit Sparern und Kreditnehmern wuchsen die Gewinne nicht in den Himmel. Auch weil die Deutsche Bank im Heimmarkt gegen die traditionell starken Sparkassen und Volksbanken konkurrieren musste. 1989 machte die Deutsche Bank den ersten größeren Schritt in Richtung internationales Kapitalmarktgeschäft und übernahm die renommierte britische Bank Morgan Grenfell. Im Jahr darauf gelang den Frankfurtern aber der wirklich große Wurf: Mit der Milliarden-Übernahme der US-Investmentbank Bankers Trust stieg sie in die Topliga der Investmentbanken auf. Unter dem damaligen Bankboss Rolf Breuer für diese Sparte verantwortlich: Josef Ackermann (der Breuer 2002 nachfolgte).

Internethype

Mit dem Hype rund ums Internet und den vielen Börsengängen war vor der Jahrtausendwende die Zeit der Investmentbanker gekommen. Bis zu zwei Drittel des Deutsche-Bank-Gewinns steuerte das Investmentbanking bei. Der machtbewusste Ackermann fühlte sich bestätigt.

Die Internet-Blase an den Börsen platzte zwar wie Jahre später die US-Immobilienblase. Immer wieder kam der Gewinnmotor Investmentbanking ins Stottern. Nach jeder Krise waren die „Haie“ im Nadelstreif, wie Investmentbanker oft bezeichnet werden, aber rasch wieder unterwegs. Und erfanden neue Finanzprodukte, die sich gewinnbringend verkaufen ließen. Eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent (vor Steuern), die Ackermann als Ziel ausgegeben hatte, ist mit simplen Bankgeschäften nicht machbar. Die Jagd nach Renditen führte zu etlichen Exzessen. Das Manipulieren von Zinssätzen ist nur ein Beispiel dafür.

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