Wachstumsfenster mit Aussicht
Die österreichische Bauwirtschaft, die mit dem Zusammenbruch des Alpine-Konzerns die größte Pleite in der 2. Republik "gebaut" hat, steht besser da als befürchtet. Während das Bauvolumen in Europa laut der jüngsten Prognose des Bauforschungsnetzwerks Euroconstruct – dem 17 EU-Staaten, Norwegen und Schweiz angehören – 2013 um 2,8 Prozent neuerlich deutlich schrumpft, erwarten die Wirtschaftsforscher in Österreich ein kleines Wachstum von 0,6 Prozent. Für 2014 prognostiziert das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) bei einem Wachstum der Gesamtwirtschaft von 1,8 Prozent auf dem Bau ein Plus von einem Prozent, 2015 soll es 1,5 Prozent ausmachen.
Infrastruktur
Triebfeder des moderaten Aufschwungs ist vor allem der Infrastrukturbereich (Bahn, Straße, Anm.), der wegen der Schuldenkrise in den vergangenen Jahren an Geldmangel gelitten hat. Zwar nicht so stark wie im restlichen Europa, wo 2013 ein Fünftel weniger investiert wird als im Rahmen der Konjunkturprogramme etwa 2009. Aber das österreichische Minus in diesem Bereich macht noch 0,6 Prozent aus.
Diesen Rückgang spürt die Bauwirtschaft deutlich. Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel: „Das hat uns sehr wehgetan, auch wenn wir einen Teil durch private Investitionen in Heim und Haus wieder wettmachen konnten.“
Preisdruck
Nicht wettmachen konnten viele Unternehmen die niedrigen Preise, mit denen unter anderem die jetzt insolvente Alpine Aufträge am laufenden Band einheimste. Frömmel: „Mit den Preisen geschleudert hat ja nicht nur die Alpine. Wegen des Einbruchs bei öffentlichen Aufträgen in ganz Europa haben alle Großen mit eher kleinen Aufträgen in Österreich ihre Auslastung verbessert.“ Vor allem bei öffentlichen Aufträgen, klagt Frömmel, komme immer öfter der Billigst- statt der Bestbieter zum Zug: „Die Großen halten einen Verlust auf einer Baustelle aus, Kleine würden bei den niedrigen Preisen in die Pleite rutschen und verlieren daher oft Aufträge, die für sie enorm wichtig wären.“
Oder sie gehen pleite: In der heimischen Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbandes (KSV) belegte die Bauwirtschaft 2012 noch ohne Alpine-Großpleite mit 737 eröffneten Insolvenzen und 445 Millionen Euro Schulden den ersten Platz. Dazu kommen weitere 300 Insolvenzen, die nicht eröffnet wurden, weil nicht einmal die Mittel für die Verfahrenskosten vorhanden waren.
Die Kritik, dass die Bauwirtschaft in Österreich zu groß ist (siehe Bericht links unten) und in flauen Zeiten mit Konjunkturpaketen über Wasser gehalten werden muss, lässt Frömmel nicht gelten: „Wir beschäftigen eine Viertelmillion Menschen, die recht gut verdienen. Das bringt Konsumausgaben und hilft damit ja der gesamten Wirtschaft.“
Großer Wirtschaftsfaktor aus vielen kleinen Unternehmen
252.000 Jobs Die heimische Bauwirtschaft ist mit rund 252.000 Jobs, davon mehr als 22.000 Lehrlinge, einer der wichtigsten Arbeitgeber. Das Gros der insgesamt rund 31.000 Unternehmen sind Gewerbebetriebe mit Umsätzen im niedrigen einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Nur knapp 60 Unternehmen der Branche setzen mehr als 50 Millionen Euro jährlich um.
40 Milliarden Euro Mit einem Produktionswert von 40 Milliarden Euro und einer Bruttowertschöpfung (Produktionswert minus Vorleistungen wie etwa Baustoffe) erwirtschaftet die Baubranche gut 6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Damit liegt die Bedeutung der Bauwirtschaft deutlich über dem EU-Durchschnitt, der etwa 4 Prozent ausmacht.
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