Bankenunion: Experten sehen schwere Mängel

Die Skyline von Frankfurt am Main bei Sonnenuntergang mit Baustellenkränen.
Steuerzahler könnten bei Bankenrettungen weiterhin zur Kasse gebeten werden.

Die Pläne für die angestrebte Bankenunion in der Eurozone haben aus Expertensicht noch schwere Mängel. Vorgesehen sei eigentlich, dass die Steuerzahler bei einer Bankenrettung als letzte haften sollen, sagte der Präsident der European School of Management und Technology (ESMT), Jörg Rocholl. Unklar sei aber, unter welchen Bedingungen die Gläubiger von Banken einspringen müssen. Das sei "sehr kritisch" zu beurteilen. Negativ sei zudem, dass die Gläubigerbeteiligung nach gegenwärtigem Vorschlag erst ab 2018 verwirklicht werden solle.

Steuerzahler-Gelder weiter in Gefahr

Das Handelsblatt berichtete am Mittwoch gar von einer Ausnahmeregelung, die im Hintergrund des EU-Finanzministerrates geplant sei. Demnach sollen Staatsbeihilfen so lange möglich sein, bis die Finanzaufsicht die Bank endgültig als nicht überlebensfähig einstuft, berichtete die Zeitung. Die Haftungskaskade, dass zunächst Aktionäre, Gläubiger und Kunden mit Großguthaben bei der Rettung von Banken zur Kasse gebeten werden und erst ganz am Schluss der Staat, könnte damit ausgehebelt werden. Somit müssten erst Recht die Steuerzahler bluten.

Zu enge Verflechtung

Rocholl sieht außerdem ein großes Problem in der engen Verflechtung der Banken in Europa. Diese seien zu etwa 80 Prozent in Wertpapiere investiert, die andere Banken herausgegeben hätten. Wenn künftig bei Schieflage einer Bank zuerst die Gläubiger zur Kasse gebeten würden, träfe dies deshalb vor allem andere Banken - die Krise würde sich noch verschärfen, erläuterte der ESMT-Präsident.

Der Wirtschaftsprofessor schlug vor, schrittweise das wechselseitige Engagement in Wertpapiere anderer Banken zu verringen. Er sprach sich zudem dafür aus, die Banken zu verpflichten, zumindest neu hinzugekaufte Staatsanleihen künftig zu 25 Prozent mit Eigenkapital zu unterlegen. Die Banken der Krisenstaaten dürften nicht zu viele Anleihen ihrer eigenen Staaten erwerben, warnte Rocholl.

Er stellt seine Analyse im neuen Vierteljahresheft des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vor, in dem sich mehrere Experten mit der Schuldenkrise im Euroraum beschäftigen.

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