Banken: Rütteln an der Männerbastion

Frau in Männerbastion: "Junge Mädchen brauchen Vorbilder."
In der Hochfinanz ist das Zeitalter der Frau noch nicht angebrochen, das könnte sich aber bald ändern.

Groß, blass, männlich. So beschrieb das britische Magazin Economist kürzlich die große Mehrheit der Chefs in Europas Konzernen. Österreich bildet da keine Ausnahme – speziell im Bankensektor. Dabei gibt es gar nicht so wenige Frauen in der Finanz. Sie arbeiten in der Beratung, im Wertpapierhandel, in der Aktienanalyse – in den Top-Etagen aber eher noch weniger als noch vor einigen Jahren.

International betrachtet ist die Lage besser. Bei Credit Suisse wurde soeben Helene von Roeder Chefin für das Geschäft in Deutschland und Österreich; in Spanien Patricia Botin die Chefin der Bank Santander. Der Internationale Währungsfonds ist mit Christine Lagarde in weiblicher Hand, ebenso die US-Notenbank mit Janet Yellen.

In Österreich haben es hingegen nur wenige Frauen geschafft, in den "Club der Geld-Männer" vorzudringen. Maria Schaumayer, 1990 die erste Frau an der Spitze der Oesterreichischen Notenbank, war eine davon. Oder Elisabeth Bleyleben-Koren, die es 1997 in den Vorstand der Erste Bank schaffte. Nicht zu vergessen Gertrude Tumpel-Gugerell, Vize-Gouverneurin der OeNB und später im Direktorium der EZB. Oder Regina Prehofer, zunächst im Vorstand der Bank Austria und später in der Chefetage der Bawag. Birgit Kuras ist eine von zwei Vorständen der Wiener Börse.

Doch die Anrede "Sehr geehrte Herren" reicht auch heute noch bei Ansprachen vor Österreichs Bank-Spitzen meist aus. Wobei der persönliche Umgang in der feinen Finanzwelt auch nicht immer Gentleman-like ist. Ihr sei sogar passiert, dass man ihr die Hand bei Besprechungen nicht gegeben habe, erzählt eine Bankerin.

Noch nicht reif?

Noch 2012, als die Nachfolge von Ludwig Scharinger als Chef der RLB OÖ anstand, war es für viele undenkbar, dass eine Frau dafür infrage kommen könnte. "Oberösterreich ist dafür noch nicht reif", hieß es unter Bankern. Michaela Keplinger-Mitterlehner (Schwägerin von ÖVP-Chef Mitterlehner, Anm.) blieb einfaches Vorstandsmitglied in der RLB.

Doch das dichte männliche Netzwerk, an dem Frauen immer wieder abprallen, wird löchriger. Wenn auch noch nicht an der Spitze der großen Banken des Landes, so doch in Regional- und Spezialbanken halten Frauen Einzug: Herta Stockbauer, seit März Chefin der Bank für Kärnten und Steiermark (BKS), Susanne Höllinger an der Spitze der Kathrein Privatbank oder Sonja Sarközi, Chefin der easybank sind drei prominente Beispiele. Im Vorstand der Kontrollbank sitzt seit kurzem Angelika Sommer-Hemetsberger, in der Bank Austria seit 2010 Doris Tomanek.

Kulturwandel

"Es ändert sich etwas", ist Regina Prehofer überzeugt. Frauen in Top-Positionen sind keine Sensation mehr. "Wenn es normal ist, dass eine Bank eine Chefin hat, werden auch junge Frauen diese Aufstiegschancen nutzen." Bescheidenheit sei dabei aber hinderlich. Mangelnde Zielstrebigkeit auch. Davon ist auch Bleyleben-Koren überzeugt. "Frauen denken viel weniger an Karriere oder an hierarchisches Weiterkommen."

Aber es sind bei Weitem nicht nur die von Frauen selbst auferlegten Schranken, die den Aufstieg verhindern. "Es fehlt vielerorts an Kinderbetreuungsmöglichkeiten" betont BKS-Chefin Herta Stockbauer. Besonders belastend sei zudem der gesellschaftliche Druck auf Mütter, die Karriere anstrebten. Man betrachte sie als Rabenmütter. Stockbauer hat das Kunststück – Spitzen-Bankerin, Familie, zwei Kinder – dennoch zustande gebracht. Den Männern gegenüber habe sie sich nie benachteiligt gefühlt, sagt sie. Das unterstreichen auch Bleyleben-Koren und Prehofer.

Seit Jänner 2013 ist Susanne Höllinger (49) Vorstandsvorsitzende der zur Raiffeisen-Gruppe gehörenden Kathrein Privatbank in Wien. Sie bewegt sich nicht nur souverän am noblen Private-Banking-Parkett, sie hat „so ganz nebenbei“ zwei Kinder großgezogen und bearbeitet einen Garten, der sie zur Selbstversorgerin mit Gemüse gemacht hat. Mit dem KURIER sprach sie über die Herausforderungen für Frauen in den Chefetagen der Banken, Vereinbarkeit mit der Familie und überforderte männliche Kollegen.

KURIER: Frau Höllinger, wie schaffen Sie all diese Aufgaben?
Susanne Höllinger: Mit viel Organisationstalent. In der Mittagspause zum Beispiel bin ich runtergelaufen und habe schnell einen Mixer gekauft.

Waren Sie als weibliche Führungskraft eine Ausnahme?
Nein. Im Raiffeisen-Bank- International-Konzern gibt es mehr weibliche als männliche Führungskräfte. In 56 Prozent der leitenden Positionen sind Frauen. Allerdings sind die meisten in Osteuropa, in Österreich sind es weniger. Und an der Spitze sind es im Gesamtkonzern auch nur 16 Prozent Frauen.

Warum gibt es in Österreich weniger Chefinnen in Banken als in Osteuropa?
Ich glaube, es liegt daran, dass in Österreich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weniger gut gelöst ist. Eine gute öffentliche Kinderbetreuung ist nicht flächendeckend vorhanden. Wer wenig Geld hat und den organisatorischen Aufwand scheut, schafft keine Karriere mit Kind.

Würden Sie Frauen-Quoten im Vorstand von Unternehmen befürworten, um Karrieren zu fördern?
Es wird viel über FrauenQuoten gewettert. Aber in der Politik sieht man, dass Quoten Vorteile haben. Eine Frau als Nationalratspräsidentin wäre früher undenkbar gewesen, jetzt ist es normal. Es ist wichtig, dass Frauen öffentlich sichtbar werden. Dann löst sich das Thema ganz von allein. Und junge Mädchen brauchen Vorbilder.

Sehen Sie Anzeichen, dass sich auch in der heimischen Wirtschaft etwas in diese Richtung ändert?
Ich glaube, es gibt einen Wandel in ganz Europa. Der beste Manager ist nicht mehr der, der 16 Stunden am Tag arbeitet. Das bringt auch Männer unter enormen Druck. Nachhaltige Führung eines Unternehmens lässt Platz für ein Leben neben dem Management.

Glauben Sie, dass das auch in Zeiten von Krisen in Unternehmen möglich ist?
Ja. Das ist hilfreich bei Krisen. Chefinnen, die nicht nur die Arbeit sehen, sondern auch Kinder haben oder sich um einen Garten kümmern, sind krisenfester. Frauen können das besser. Überforderte, überarbeitete, beziehungslose Manager können ein Unternehmen nicht gut führen.

Das klingt so, als würde jetzt die Zeit für weibliche Chefs kommen ...
Die neuen Anforderungen an Führungskräfte begünstigen sicher die Frauen. Sie haben eine größere Frustrationstoleranz, sie haben die besseren Karten in schwierigen Situationen. Frauen müssen sich nur zutrauen, die Nummer 1 zu werden. Und die politischen Rahmenbedingungen müssen besser werden. Mit Kindergärten, die um 17 Uhr zusperren, geht das nicht.

Kommentare