Banken auf der Suche nach neuen Einnahmequellen
Die europäische Bankenbranche hat es im ablaufenden Jahrzehnt nicht leicht gehabt: Die Finanzkrise zog eine nie da gewesene Ära der Niedrig- und mittlerweile sogar Negativzinsen nach sich und entzog den Banken damit eine wesentliche Einnahmequelle. Gleichzeitig wurde die Regulierung strenger und brachte damit nicht nur mehr Stabilität, sondern auch deutlich höhere Kosten in den Sektor.
Darüber hinaus geht gerade einer der längsten Konjunkturzyklen zu Ende, was sich in einem global schwächelnden Wachstum bemerkbar macht. Eine baldige Entschärfung der Lage ist nicht in Sicht. Eine Aufgabe der Bankenbranche wird es daher in den kommenden Jahren sein, sich neue Strategien zu überlegen, um als Unternehmen rentabel zu bleiben. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Finanz-Beratungsinstituts ZEB, das die 50 größten Banken Europas - darunter auch die Erste Group sowie die Raiffeisen Bank International (RBI) - unter die Lupe genommen hat.
Obwohl der Sektor seit der Krise durchaus viel Kapital aufgebaut habe, komme der Gewinn nach Steuern schon seit mehreren Jahren nicht mehr vorrangig aus dem operativen Geschäft, sondern vor allem von Einmaleffekten wie Wertberichtigungen oder der Auflösung von Rückstellungen, sagte Michaela Schneider, geschäftsführende Partnerin des ZEB in Österreich, im Gespräch mit der APA. Und das Problem mit Einmaleffekten sei naturgemäß, dass sie nicht nachhaltig die Rentabilität des Unternehmens steigern.
Wie die Studie zeigt, konnten die Kreditinstitute ihre Gewinne nach Steuern zwar von 2014 bis 2018 kumuliert von 67,8 Mrd. auf 121,1 Mrd. Euro steigern, die Eigenkapitalrentabilität lag 2018 aber nur bei 7,2 Prozent. Das gelte laut ZEB als eher tiefes Niveau. Wie gut oder schlecht die Eigenkapitalrentabilität eines Unternehmens ist, bemisst sich in der Regel nach der Performance der gesamten Branche. Die österreichischen Banken - zum Vergleich wurden die 15 größten heimischen Kreditinstitute herangezogen - schneiden laut ZEB-Daten mit einer Eigenkapitalrendite von 10,2 Prozent verhältnismäßig gut ab.
Klarer Handlungsbedarf
Blickt man ein paar Jahre in die Zukunft, ergibt sich für die europäische Bankenbranche klarer Handlungsbedarf. Denn unter den Annahmen, dass sich die Konjunktur sowie die Leitzinsen entsprechend der derzeitigen Prognosen entwickeln und dass mit 2022 neue Regulierungsvorschriften (Basel IV) beginnen zu greifen, dürfte die kumulierte Eigenkapitalrentabilität laut ZEB-Berechnungen bis 2023 merklich sinken, und zwar (von 7,2 Prozent 2018) auf 5,8 Prozent.
Da die Marktanforderung für diese Größe allerdings geschätzt bei rund 9 Prozent liegen dürfte, ergibt sich eine Gewinnlücke von 62 Mrd. Euro, wie das ZEB errechnete. Um diese zu schließen, müssten Banken um 59 Prozent höhere Gewinne erzielen als es bei der angenommenen Eigenkapitalrentabilität von 5,8 Prozent der Fall wäre. Die berechnete Lücke könnte sogar noch größer ausfallen, denn zu dem Zeitpunkt, als das ZEB die Studie im Sommer durchgeführt hat, wurden noch stabile Leitzinsen für Europa angenommen - ein Szenario, dass mit Ende 2019 eher nicht mehr haltbar sei, sagte ZEB-Senior-Manager Andreas Sumper.
Um nun mehr Gewinn lukrieren zu können, reichen Kosteneinsparungen alleine nicht aus, so Schneider. Die Banken müssten in den kommenden Jahren ihr Geschäftsmodell überarbeiten und neben der Kosten- auch an der Ertragsschraube drehen. Die größten Chancen diesbezüglich ergeben sich laut ZEB-Experten in der Digitalisierung, denn diese ermögliche sowohl Kosteneinsparungen als auch Ertragssteigerungen.
Von Google und Amazon lernen
Dabei können Banken Einiges von großen Tech-Konzernen wie Google und Amazon lernen. Vor allem die von diesen Unternehmen erreichte Omnipräsenz im Kundenalltag sei ein wichtiger Punkt, bei dem Banken sich noch deutlich verbessern könnten, so Sumper. Es gehe darum, ganze Ökosysteme für Kunden zu entwickeln, statt isolierte Produkte anzubieten. Beispielsweise könnte eine Bank nicht nur einen Kredit zur Wohnraumfinanzierung vergeben, sondern den Kunden auch gleich bezüglich thermischer Sanierung beraten oder benötigte Handwerker vermitteln, sagte Sumper.
Auch die Filiale sei ein wichtiger Teil dieses Ökosystems und werde auch in Zukunft nicht aus dem Gesamtkonzept der Banken verschwinden, so Schneider. Sie werde weiterhin eine wichtige Anlaufstelle für Kunden sein, wenn auch mit einem anderen Schwerpunkt. So werde sie viel stärker auf Beratung ausgerichtet sein, während Banktransaktionen wie Überweisungen und Bargeldeinzahlungen sich nach und nach in die digitale Welt verlagern werden, so Schneider.
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