Bank Austria macht mehr als 100 Filialen dicht
Die Bank Austria setzt wieder einmal den Rotstift an. Dieses Mal bei ihren Filialen. Bis Ende 2015 wird ein Drittel der rund 350 Filialen geschlossen, kündigt BA-Chef Willi Cernko an. „Wir müssen unser Geschäftsmodell grundlegend überdenken.“ Er will künftig die Schwerpunkte des Filialnetzes auf Ballungsräume legen.
Derzeit kämen auf eine Zweigstelle in Österreich im Durchschnitt aller Banken rund 2000 Kunden, immer weniger würden für ihre Bankgeschäfte eine Filiale besuchen. „Das kann nicht vernünftig bewirtschaftet werden“, so Cernko, es müssten mindestens doppelt so viele sein. Den Schritt, den die BA setzt, hätten die anderen Banken noch vor sich.
Ein Personalabbau soll mit den Schließungen nicht einhergehen. Cernko baut auf die natürlichen Abgänge. „Bis 2020 gehen 40 Prozent der Mitarbeiter in Pension.“ Der Strukturwandel dürfte generell 10.000 bis 15.000 der jetzt 80.000 Jobs bei Österreichs Banken kosten, schätzt Cernko.
Videobanking
Die BA will die geschlossenen Filialen mit einer Beratungsoffensive im Internet kompensieren. Konkret setzt Cernko auf Videobanking. Das heißt, das Gespräch mit dem Berater findet über Bildschirme statt. In einem ersten Schritt werden laut dem Banker 75 Mitarbeiter dahingehend ausgebildet. Die Berater stünden im Schichtdienst wochentags bis 22 Uhr und auch am Samstag zur Verfügung. Wie die neuen Arbeitszeiten abgegolten werden, werde derzeit mit dem Betriebsrat verhandelt.
Der Pilotbetrieb soll im Herbst starten. Die Kundengespräche werden zur Sicherheit verschlüsselt und aufgezeichnet, um in Streitfällen als Beweis zu dienen.
Cernko will für das Vorhaben „massiv in die IT investieren“, die großen Probleme beim Relaunch des Online-Banking im Herbst sollen sich nicht wiederholen. „Die Geschichte hat sich bei mir tief eingeprägt.“ Die Leidensfähigkeit der Kunden sei bemerkenswert. Es werde Monate dauern, bis sie wieder so zufrieden sind wie zuvor.
Hätte es keine Probleme gegeben, hätte es trotzdem Tausende Beschwerden gegeben, glaubt der BA-Boss. Denn die Menschen müssten sich erst an den veränderten Seitenaufbau gewöhnen. „Wir müssen an der Benutzerfreundlichkeit aber noch arbeiten“, gibt Cernko zu. Auch die Mitbewerber müssten über kurz oder lang ihr Webbanking neu aufsetzen. „Die schwitzen jetzt schon.“
Kundenverhalten
Etwa 75 Prozent der Österreicher haben Internet-Zugang, bereits 36 Prozent benutzen Smartphones. Das bedeutet nicht nur, dass Bankgeschäfte im Internet (eBanking) zum Alltag gehören. Die Elektronik eröffnet auch neue Welten – etwa Beratung nicht in den Filialen, sondern über Videokonferenz. "Dem Kunden muss es überlassen bleiben, ob er sich in der realen oder virtuellen Welt bewegen will", so Bankchef Cernko.
Kosten
Die Rendite, die Retailbanken in Europa derzeit erwirtschaften, liegt bei etwa fünf Prozent. Brauchen sie Kapital, müssen sie dafür allerdings zehn bis zwölf Prozent aufbringen. Die Differenz zeigt, dass gespart werden muss. Filialen mit weniger als 5000 Kunden "machen betriebswirtschaftlich keinen Sinn", kalkuliert Cernko. Um die Nähe zum Kunden bei reduzierter Filialzahl nicht ganz zu verlieren, will die Bank Austria mehr Automaten-Filialen (für Ein- und Auszahlungen sowie Überweisungen) aufsperren. Und sie will künftig Kooperationen mit "verschiedenen Retailern", so Cernko.
Die Bank Austria hat Kunden jüngst nicht nur wegen ihres verpatzten EDV-Umstiegs, sondern auch wegen des neuen Designs beim Online-Banking verärgert. Grund genug, das Online-Angebot einem Test zu unterziehen.
Für die Bewertung stand der Webseiten-Experte Max Scheugl zur Verfügung, der für internationale Finanzinstitute Online-Auftritte optimiert hat. Sein Fazit fällt trotz guter Ansätze ernüchternd aus, die meisten Banken „könnten es Kunden online viel leichter machen. Oft werden Grundprinzipien des Webdesigns ignoriert und bankenspezifische Bezeichnungen verwendet, mit denen Kunden gar nichts anfangen können.“
Im Fokus des Tests stehen die wichtigsten Funktionen: Einstiegsseite, Kontoübersicht und Überweisungsfunktion. Da immer mehr Leute mobil über ihr Handy auf ihre Bankkonten zugreifen, hat die futurezone auch die mobilen Seiten auf ihre Bedienbarkeit getestet.
Bank Austria zwingt Kunden zu unnötig vielen Klicks
Die zuletzt vielgescholtene Bank Austria überzeugt zwar mit einer übersichtlichen Optik, die tatsächliche Bedienung fällt jedoch weitaus komplizierter aus. Um die Überweisungsfunktion im Hauptmenü aufzurufen, muss man sich durch die Unterpunkte „Aufträge“ und „Inlandsaufträge“ hanteln. Auch das Wechseln zwischen Konten und die Anzeige von getätigten Umsätzen benötigen umständlich viele Klicks. Bei der Auflistung von Beträgen verwendet die Bank zudem Begriffe wie „Buchungssaldo“, „Valutasaldo“ und „Disposasaldo“, was laut Web-Experte Scheugl definitiv nicht die Sprache der Kunden ist.
Punkten kann die Bank Austria mit ihrer mobilen Seite, die eine vorbildlich reduzierte Oberfläche mit den wichtigsten Informationen aufweist. Als Minuspunkt gilt aber, dass die mobile Seite nicht automatisch von Smartphones erkannt wird. iPhone- und Android-Nutzer können allerdings auf eine App ausweichen.
Auch die Konkurrenten Raiffeisen, Erste Bank, Volksbank und easybank wurden einem Test unterzogen. Die Detail-Ergebnisse finden Sie hier.
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