Bank Austria erwartet BIP-Rückgang von 10 Prozent

Zentrale der Bank Austria.
Die Wertschöpfung dürfte um 36 Mrd. Euro niedriger ausfallen als ursprünglich angenommen.

Die UniCredit Bank Austria erwartet für Österreich heuer angesichts der Coronakrise einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um nominell 10 Prozent. Die Wertschöpfung dürfte damit um 36 Mrd. Euro niedriger ausfallen, als ursprünglich angenommen. Alle Branchen dürften betroffen sein, aber einige Einzelhandelssparten und vom Tourismus abhängige Bereiche dürften 40 Prozent Wertschöpfung verlieren.

Trotz Lockerung der Beschränkungen dürfte die Wirtschaft im zweiten Quartal nur 75 bis 80 Prozent des normalen Leistungsniveaus erreichen. Auch wenn sich die Wirtschaft wieder erholt, wird die erwartete Gegenbewegung in der zweiten Jahreshälfte nicht stark genug sein, damit die Konsumnachfrage und die Investitionen noch heuer auf ihren Wachstumspfad vor der Krise zurückkehren können.

Viele Branchen können die Umsatzeinbußen auch nach der Aufhebung der Maßnahmen nicht wieder ausgleichen, heißt es in einer Analyse der Bank Austria. Das gelte etwa für die Anbieter persönlicher Dienste oder die Kultur- und Sportveranstalter, schreibt UniCredit-Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. In der Industrie sei die Produktionsleistung schon im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 10 Prozent gesunken - wohl vor allem deshalb, weil in einigen Branchen die internationalen Zulieferketten schon frühzeitig zusammengebrochen sind.

Industrie

"Da die Einschränkungen in wichtigen Zuliefer- und Absatzmärkten zumindest noch bis in den Mai hinein andauern, wird die Industrie 2020 voraussichtlich einen stärkeren Rückschlag als die Gesamtwirtschaft erleiden. Im Vergleich zum Basisszenario rechnen wir mit einem Minus der Industriewertschöpfung von 13 Prozent nominell beziehungsweise einem Wertschöpfungsverlust von rund 8,5 Milliarden Euro", sagt UniCredit Bank-Austria-Ökonom Günter Wolf. Das entspreche fast einem Viertel der gesamten Wertschöpfungseinbußen, die 2020 in Österreich zu erwarten sind, während die Industrie 19 Prozent zur Wirtschaftsleistung beitrage.

Lebensmittelhersteller und Pharmaindustrie dürften über das Gesamtjahr kaum Nachfrageeinbußen verzeichnen. Andere Konsumgüterbranchen wie Bekleidung, Möbel oder Spiel- und Sportartikel müssen hingegen befürchten, dass die Nachfrage nach Gebrauchsgütern nur langsam in Schwung kommt, weil viele ihren Job verloren oder wegen Kurzarbeit weniger Einkommen haben.

Sehr hart sind Branchen getroffen, die von Exporten abhängen, denn "derzeit sind die wirtschaftlichen Aussichten für 2020 in wichtigen Exportmärkten der heimischen Industrie im Vergleich zum Inland zum Teil noch erheblich trüber". Das gelte insbesondere für Kfz-Zulieferer, die Stahlindustrie und Teile der Metall- und Kunststoffwarenherstellung, sowie der Erzeugung von elektrotechnischen Produkten. Die Bauwirtschaft wiederum werde "erhebliche Einbußen verbuchen, die Krise aber relativ gut bewältigen".

Der Handel müsse mit einem Rückgang der Wertschöpfung von 12 Prozent (5 Mrd. Euro) rechnen. Im Kfz-Handel erwartet die Bank Austria sogar "wenigstens 25 Prozent" weniger Wertschöpfung.

Tourismus

Der Tourismus stehe nicht nur vor besonders hohen Einbußen, auch werde sich die Tourismusnachfrage "auch nach Aufhebung der Beschränkungen nur sehr langsam erholen, vor allem weil die Reisebudgets großer Teile der Bevölkerung aufgrund der Einkommenseinbußen deutlich geschrumpft sind", sagt Wolf. Die Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie müssen 2020 mit einem Wertschöpfungsminus von etwa 30 Prozent rechnen. Das bedeutet im Vergleich zum Basisszenario einen Verlust von fast 6 Milliarden Euro beziehungsweise rund 17 Prozent der geschätzten gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfungseinbußen.

Die eingeschränkten Ausgangsmöglichkeiten und Reisefreiheiten werden zudem im Personentransport, bei den Autoverleihern, den Reisebüros und den Kultur- und Sporteinrichtungen eine Umsatzerosion auslösen. Da in dem Bereich kaum Nachholeffekte zu erwarten sind, rechnen die Bank-Austria-Ökonomen hier mit einem Rückgang der nominellen Wertschöpfung 2020 von wenigstens 25 Prozent bis zu 40 Prozent im Vergleich zum Basisszenario.

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