In Bildung muss mehr Geld fließen

Interview mit dem Chefökonomen der Bank Austria Stefan Bruckbauer am 28.08.2013 in seinem Büro in Wien.
Österreich muss mehr für Qualifizierung tun, sagt Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer.

Der Eingangstarif bei der Lohn- und Einkommensteuer ist zu hoch und muss gesenkt werden, fordert Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria. Mehr Ausgaben für Bildung und Qualifizierung bringen Österreich weiter, nicht aber ein höheres Pendlerpauschale. Die Politik sollte an die Zukunft denken und nicht an Zuckerln für Wähler, sagt der Volkswirt.

KURIER: Wird der Politik zu Recht vorgeworfen, dass sie nichts tut? Stefan Bruckbauer: Von hundert Ländern würden sich die Regierungschefs von neunzig Ländern wünschen, in Österreich zu regieren. Genau das ist das Problem. Objektiv gesehen ist Österreich in einer Spitzensituation. Wir haben eine geringe Arbeitslosigkeit, wir zahlen fast keine Zinsen für die Staatsschulden. Der Leidensdruck ist einfach nicht da. Und trotzdem müssen wir Dinge rasch angehen, die Österreich weiterbringen. Die Zahlen sind super und gleichzeitig müssen wir was tun, das ist natürlich schwer zu verstehen.

In Bildung muss mehr Geld fließen
Was sollte die nächste Regierung rasch angehen?

Österreich hat die Chancen vom EU-Binnenmarkt und der Ostöffnung ergriffen. Das hat wahnsinnig viel geholfen, um die Folgen der Globalisierung abzumildern. Jetzt wird die Osteuropa-Dividende kleiner, die Globalisierung geht aber weiter. Wir müssen viel mehr in Qualifizierung und Bildung investieren. Mit schlecht ausgebildeten Leuten werden wir unseren derzeitigen Standard nicht halten können.

Mehr Geld für Schulen?

Die Schulen brauchen eindeutig mehr Personal. Die Erhöhung der Pendlerpauschale versteht niemand wirklich. Da sollte man sich überlegen, das zurückzunehmen. Das Geld sollte besser in die Bildung investiert werden. Für die Volkswirtschaft bringt jeder Euro mehr für die Bildung am meisten zurück. Die Politik muss Prioritäten für die Zukunft setzen und nicht auf Zuckerl für Wähler.

Müssen dafür höhere Steuern und Abgaben her?

Wichtig für die nächste Regierung ist, die Abgabenquote auf keinen Fall zu erhöhen. Mit unserer hohen Abgabenquote erkaufen wir uns viel Umverteilung. Österreich gehört weltweit zu den Staaten, die am meisten umverteilen. Das wird in Zukunft so nicht mehr gehen. Wir brauchen andere Lösungsansätze. Zum Beispiel, dass die selbst verdienten Einkommen ohne Transferleistungen gleicher verteilt sind. Das geht wiederum nur mit mehr Bildung.

Muss Österreich beim Sozialstaat sparen?

Wir sind ein sehr soziales Land. Mindestsicherung, Mindestpension, das alles ist sehr wichtig und muss auch bleiben. Bei manchen Dingen kann man aber schon überdenken, ob alles gratis sein muss, etwa im Gesundheitssystem. Bei der Arbeitsmarktpolitik dürfen wir keinesfalls einsparen. Da muss man mehr Mittel für die Umschulung von Jobsuchenden einsetzen, die 50 Jahre und älter sind. Da fehlt auch noch der Arbeitsmarkt dafür. Man muss auch ein Umdenken fördern bei den 50 plus, damit die nicht schon früh die Pension herbeisehnen. In Berlin war ich vor Kurzem in einem Apple-Shop, wo auch Grauhaarige gearbeitet haben. Super.

In Bildung muss mehr Geld fließen
Interview mit dem Chefökonomen der Bank Austria Stefan Bruckbauer am 28.08.2013 in seinem Büro in Wien.
Was halten Sie von einem Bonus für Unternehmen, die Ältere einstellen?

Ich bin kein großer Freund davon. Viel wichtiger ist Ausbildung und Umschulung. Wenn schon Bonus, dann für jene, die später in Pension gehen. Jemand, der später in Pension geht, soll einen Vorteil davon haben.

Muss das Pensionsalter angehoben werden?

Unser Thema jetzt ist, das effektive Pensionsantrittsalter in Richtung 65 zu erhöhen. Erst, wenn wir das geschafft haben, können wir über eine Erhöhung reden.

Würden Sie die Gruppenbesteuerung abschaffen?

Auf keinen Fall. Wir haben gute Steuerbehörden. Ein Verschieben von Gewinnen, um die Gruppenbesteuerung auszunutzen, ist damit praktisch unmöglich. Dass manche Firmen wenig Steuer zahlen basiert simpel auf der Tatsache, dass die Gewinne in Osteuropa anfallen.

Wo sollte die nächste Regierung beim Steuersystem rasch ansetzen?

Man muss den Eingangstarif bei der Lohn- und Einkommensteuer senken, der ist zu hoch. So ein hoher Eingangssteuersatz ist nicht optimal für den Anreiz, mehr zu tun.

Steuersenkung wäre fein, aber wie soll die finanziert werden?

Möglicherweise mit einer leichten Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der Zehn-Prozent-Satz sollte aber keinesfalls angegriffen werden. Die ganz richtige Antwort wäre aber die Kürzung von Ausgaben. Mehr Schulden machen geht nicht. Da ist der Deckel drauf, da geht nichts mehr.

Was wollen Sie der nächsten Regierung noch ins Stammbuch schreiben?

Keinesfalls vom Budgetsanierungskurs abweichen. Die Politik muss drauf schauen, dass das Defizit bei null ist. Ganz wichtig ist eine Trendumkehr bei der Staatsverschuldung. Wichtig ist auch, bei aller sozialer Verantwortung, keinen Anti-Business-Kurs zu fahren. Unser Standard in Österreich ist im Wesentlichen der Marktorientierung zu verdanken.

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