AvW könnte Steuerzahler 272 Millionen Euro kosten

Die Aufsichtsbehörde hatte schon 2001 Hinweise, dass Wolfgang Auer-Welsbach AvW-Kurse fälschte.
Im Musterprozess gegen die Republik haben die 12.500 AvW-Opfer gute Karten. Ihr Trumpf ist ein Gutachten.

Am Montag steht das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen im Zeichen des Betrugskarussells AvW um Wolfgang Auer-Welsbach. In einem Musterprozess klagen AvW-Anlegeranwalt Erich Holzinger und zwei Kollegen die Republik auf Schadenersatz wegen massiver Verfehlungen der früheren Bundeswertpapieraufsicht (BWA).

Am Ende des Verfahrens könnte die Causa AvW die Steuerzahler zumindest 272 Millionen Euro kosten. Das ist jener Betrag, den etwa 12.500 Anleger in 153.000 AvW-Genussscheine investierten. Würde man den letzte Kurswert von 3275 Euro je AvW-Papier als Schaden ansetzen, wie es das Oberlandesgericht Graz in einem (nicht rechtskräftigen) Urteil machte, würde sich die Summe auf 501 Millionen Euro erhöhen. Im aktuellen Verfahren geht es nur um das investierte Kapital.

"Das ist einer der wichtigsten Prozesse zur Entschädigung der AvW-Opfer", sagt Anwalt Holzinger, der 2000 Anleger vertritt, zum KURIER. "Wir wollen die Republik dafür haftbar machen, dass die BWA im Zuge einer Prüfung bei AvW 2001 erhebliche Missstände und Malversationen erkannt hat, aber plötzlich und nicht nachvollziehbar diese nicht weiter rechtlich verfolgt hat." Es habe weiterhin den Anschein, so ein Insider, dass im April 2001 auf Anweisung von "Oben" von einem Tag auf den anderen die Prüfung abgedreht wurde. Detail am Rande: Strafrechtliche Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Wertpapieraufsicht und des Finanzministeriums nach dem AvW-Bankrott wurden erfolglos eingestellt.

Schweres Versäumnis

Dem Wiener Gericht wird Fritz Kleiner sein 300 Seiten starkes Gutachten präsentieren, das Richter Karl Lughofer in Auftrag gab. "Der Zusammenbruch des Systems AvW war seit der Gründung 1991 programmiert, da die ausgegebenen Genussscheine niemals eine Deckung im Vermögen der AvW hatten", stellt Kleiner fest. Hätten sich die BWA-Prüfer 2001 die von Auer-Welsbach vorgelegten Kurs-Berechnungen im Detail erklären lassen, hätten sie erkennen müssen, "dass die Genussschein-Kurse überhaupt keinen realen Hintergrund hatten, also von Auer-Welsbach gefälscht waren".

Die BWA hatte ihre Vermutung, dass die AvW-Kunden getäuscht werden, zwar im April 2001 in einem Aktenvermerk festgehalten, aber keine Strafanzeige erstattet, um Auer-Welsbach zu stoppen.

Im Oktober 2008 hat AvW den bis dahin üblichen Rückkauf der Genussscheine eingestellt. Im April 2010 wanderte Wolfgang Auer-Welsbach in U-Haft, im Jänner 2011 fasste der Ex-AvW-Boss wegen Betruges acht Jahre Haft aus. Seit Mai 2010 sind beide AvW-Firmen in Konkurs. 19.000 Forderung in Höhe von 1,11 Mrd. Euro wurden angemeldet. Viele der 12.500 Opfer haben ihre Forderungen in beiden Verfahren angemeldet.

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