Autozölle: Warum USA und EU auf keinen grünen Zweig kommen

Trumps Handelspolitik ist erratisch und voller Widersprüche. Das treibt die EU-Verhandler zur Verzweiflung.

Und ständig grüßt das Murmeltier: EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist wieder einmal beim US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Washington zu Gast. Es geht um das geplante Abkommen zum Abbau von Industriezöllen.

Sollte dieses zustande kommen, will US-Präsident Donald Trump nämlich auf die angedrohten Strafzölle auf Autoimporte aus der EU verzichten - die vor allem Deutschland treffen würden. Und das kräftig.

Die heimische Industrie gibt sich keinen Illusionen hin: "Die Zölle auf europäische Autos werden kommen; die Frage ist lediglich, in welcher Höhe", sagte AVL-Logistik-Manager Christian Haring diese Woche bei einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer.

Warum finden die USA und EU nicht zueinander?

Kein klarer Trump-Kurs

Zur Erinnerung: Das war der Deal, der eine Art „Waffenstillstand“ im transatlantischen Handelskrieg sein sollte. Als Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am 25. Juli im Rosengarten vor dem Weißen Haus vor die Mikros traten, verkündeten sie ein gemeinsames Ziel: einen Deal, der Industriezölle abschafft.

Anders als beim 2016 auf Eis gelegten, allumfassenden TTIP sollte der Pakt nur auf schnelle Erfolge abzielen.  Und alles aussparen, was für eine der beiden Seiten heikel ist.

Im Kreis gedreht

Die Idee war gut. Zum sechsten Mal treffen sich die Chefunterhändler nun bereits. Vorangekommen sind die Gespräche nicht. Woran krankt es?

Ein Problem sei, so gab ein Experte der Kommission kürzlich zu verstehen, dass auf US-Seite keine klare Linie zu erkennen ist. Einige Beispiele:

Landwirtschaft

Agrarprodukte sind einer der wenigen Bereiche, die in der EU im Handel noch stark reguliert sind. Und hoch sensibel, deshalb waren sie im Trump-Juncker-Deal ausgeklammert. 

Am 11. Jänner veröffentlichte der US-Handelsbeauftragte aber Leitlinien, die den Auftrag, über die Landwirtschaft zu verhandeln, enthalten. Ein klares „Foul“, denn Heilige Kühe für die USA – öffentliche Ausschreibungen, Herkunftsbezeichnungen – blieben ausgespart.

Autozölle: Warum USA und EU auf keinen grünen Zweig kommen

Das meistverkaufte Auto in der EU (VW Golf) und ...

Autozölle

Ursprünglich war es für Trump das wichtigste Ziel, die Ungleichbehandlung von Autos beendet zu wissen. Für US-Pkw werden bei der Einfuhr in die EU ganze 10 Prozent Zoll fällig, umgekehrt in die USA sind es nur 2,5 Prozent. Tatsächlich eine Schieflage.  Hat Trump also damit recht, dass er die unfairen Europäer anprangert?

Auf den ersten Blick ja, aber: Als die Europäer vorschlugen, die Autozölle doch gleich ganz abzuschaffen, machten die Amerikaner eine erstaunliche 180-Grad-Wendung. In letzter Sekunde wurden die Industriezölle im Trump-Juncker-Papier auf „non-auto“ beschränkt. Alles außer Autos. Warum nur?

Offenbar schwante den US-Verhandlern, dass der Preisvorteil nicht reichen würde, um die Verkäufe der spritschluckenden amerikanischen Karossen in Europa anzutreiben.  Und sie sahen die saftigen 20 Prozent Zoll in Gefahr, die die USA für Pick-up-Importe verlangen. Diese riesigen Autos sind in den USA die meistverkauften, auf Europas Straßen nicht zu sehen. Was den  amerikanischen Herstellern in diesem Segment ein Monopol beschert.

Welthandelsorganisation

Die USA sitzen mit Japan und der EU am Tisch, wenn es darum geht, Chinas unfaire Praktiken abzustellen. Da wäre sogar die WTO als Schiedsrichter genehm. Zugleich blockieren sie die längst überfällige Nachbestellung von WTO-Richtern. Statt sieben sind nur noch drei aktiv. Ab Ende des Jahres werden Berufungsverfahren vor der Genfer Institution somit faktisch unmöglich.

Normen

Wie schwierig es ist, sich auf gemeinsame Standards zu einigen, hat TTIP gezeigt: Nicht einmal einheitliche Blinkerfarben oder Autogurte waren durchsetzbar. Warum also nicht die Vergangenheit abhaken und gleich die Normen der Zukunft regeln?

Also bespielsweise bei E-Autos oder beim autonomen Fahren gemeinsam internationale Fakten schaffen, bevor es die Chinesen tun. Den  USA gehe es aber weiterhin eher um ihre Hormonrinder und Chlorhühner, wo die EU sich nicht bewegen wird, klagen Brüsseler Verhandler.

EU will flexibel sein

Wie kann man dann einen gemeinsamen Nenner finden? Bei den US-Zöllen auf Pickups könnte sich Brüssel flexibel zeigen. Beim Agrarthema eröffnet das US-Papier einen Kompromiss, weil es „stufenweise“ Verhandlungen ermöglicht. Bleibt die Landwirtschaft ausgespart, müssten aber Autos und Autoteile vom Zollabbau umfasst sein.

Der Grund liegt im WTO-Recht: Das erlaubt bilaterale Abkommen nämlich nur, wenn sie 90 Prozent der Warenströme oder mehr betreffen.  Ohne Landwirtschaft ist das noch der Fall, ohne Autos würde die Schwelle unterschritten, sagt ein Kenner der Materie. Und WTO-Recht verletzt.  Was für die EU  nicht in Frage kommt.

Die Zeit spielt freilich Trump in die Hände. Wenn gar nichts weitergeht, kann er wieder mit Autozöllen drohen. Die würden 50 Milliarden Euro an EU-Exporten betreffen. Was richtig schmerzhaft wäre.

US schaden sich selbst

Übrigens auch für die US-Autoindustrie, die deshalb anfangs heftig gegen die Zölle protestierte. Nicht nur stammt der größte positive Beitrag zur US-Handelsbilanz durch einen Autoproduzenten von einem deutschen Unternehmen: Das BMW-Werk in Spartanburg ist der größte US-Exporteur. Und wäre künftig von der Zoll-Retourkutsche der EU betroffen.

Aber auch die eigenen US-Einfuhrzölle auf Autoteile betreffen amerikanische US-Hersteller massiv. Heutzutage sind Fahrzeuge globalisierte Produkte, die keiner Herstellernation mehr zuordenbar sind. Die größten Wertschöpfungsanteile "Made in USA" weisen ausgerechnet Modelle der japanischen Marke Toyota auf.

Und auch in den Fahrzeugen von US-Elektropionier Tesla sind unzählige Teile deutscher Zulieferfirmen verbaut; das reicht vom Elektromotor über Stoßdämpfer, Lenksäulen, Parksensoren, das Radarsystem, elektronische Chips bis hin zum Soundsystem und zu Teilen der hochmodernen Fertigungsstraße.

Autozölle wären somit ein wirtschaftliches Eigentor für die USA in fast jeder Hinsicht (außer den Einnahmen für den Fiskus). Die Frage ist nur: Wer erklärt es Präsident Trump?

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