"Anschlag auf die Esskultur"

"Anschlag auf die Esskultur"
Zu viel Zucker: Kakao könnte an Schulen bald nicht mehr gefördert werden.

Seit Jahren wird europaweit der Verzehr von Obst, Gemüse und Milchprodukten in Kindergärten und Schulen mit 230 Millionen Euro aus EU-Mitteln gefördert. Jetzt steht eine Reform der Schulmilch- und -obstprogramme an. Dabei soll auch neu definiert werden, welche Produkte gesund genug sind, um unterstützt zu werden. Ein heimischer Favorit droht nun seine Förderwürdigkeit zu verlieren: der Kakao.

Der Landwirtschaftsausschuss im EU-Parlament stimmte am Dienstag dafür, dass mit den Programmen nur noch "natürliche" Produkte – ohne extra Geschmack und ohne extra Zucker – gefördert werden sollen. Denn Kinder würden ohnehin schon zu viel Zucker zu sich nehmen – da sollten ihnen über Schulprogramme lieber ungezuckerte Lebensmittel schmackhaft gemacht werden.

Problem Übergewicht

Hinter dem Umdenken steckt auch eine Änderung in der Berechnung der Förderung: Bisher wird nur der Milchanteil der Produkte gefördert, künftig aber das ganze Milchprodukt – also, wenn man so will, nicht mehr nur der "gesunde" Teil.

ÖVP-Mandatarin Elisabeth Köstinger spricht von einem "sozialistischen Anschlag auf die Esskultur". Sie verweist darauf, dass 85 Prozent der in Österreich gelieferten Schulmilchprodukte Kakao und Fruchtmilch seien. "Das ist jetzt in Gefahr", sagt Kös-tinger, "auch ernährungstechnisch ist das ein verkehrter Weg". SPÖ-Abgeordnete Karin Kadenbach stuft Köstingers Empörung als "verspäteten Aprilscherz" ein. Die Programme, sagt Kadenbach, sollen "auch ein Beitrag zur Bekämpfung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen sein. Milch wird dabei explizit gefördert, ebenso wie Naturjoghurt und andere frische und gesunde Lebensmittel."

Bis der Kakao endgültig aus dem EU-Schulmilchprogramm fliegt, muss zuerst – voraussichtlich im Mai – ein Beschluss im Plenum folgen, dann verhandelt das EU-Parlament mit den Mitgliedsstaaten über die Details der Reform.

Laut Statistik der Agrarmarkt Austria wurden im Schuljahr 2013/’14 insgesamt 2844 Schulen und Kindergärten in Österreich mit Schulmilch und 1242 mit Schulobst beliefert.

Für das kommende Schuljahr 2015/’16 hat Österreich laut Köstinger schon Förderungen in Höhe von 2,7 Millionen Euro beantragt und auch bereits aus Brüssel genehmigt bekommen.

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