Wie man hört, gab es zwischen Kern und Brunner intensive Diskussionen über die strategische Ausrichtung der ÖBAG. Die größte heimische Industrieholding managt die wertvollsten Beteiligungen der Republik (OMV, Verbund, A1 Telekom Austria, Post, Casinos Austria, BIG) mit einem Wert von aktuell mehr als 33 Milliarden Euro.
Brunner wünscht sich eine stärkere Industrie- und Wirtschaftskompetenz und nicht nur eine Verwaltung der Beteiligungen. Zuletzt betonte er im KURIER-Interview die Bedeutung der ÖBAG für den Standort Österreich. In Industrie- und Wirtschaftskreisen, auch in ÖVP-nahen, war die Kritik an Kern immer lauter geworden.
Der vormalige Berater und Krankenhaus-Manager (Barmherzige Brüder) Kern wurde von Bernhard Bonelli, Kabinettschef von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, für den ÖBAG-Vorsitz forciert. Er war mit verantwortlich für die Kür von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef. Kern soll, hörte man aus Eigentümerkreisen, die Bestellung des als SPÖ-nahe geltenden Siemens-Österreich-Chefs Wolfgang Hesoun zum neuen Chef der ÖBAG mit verhindert haben. Für die jetzige Chefin, die renommierte Wirtschaftsanwältin Edith Hlawati, dürfte Kern als Sparring-Partner nicht so ganz das richtige Kaliber sein.
Zu Kerns Ehrenrettung muss allerdings auch erwähnt werden, dass die Zeit seit dem Aufpoppen der Schmid-Chats für die Staatsholding nicht einfach war. Kern soll keinen Vertrag als Berater oder einen anderen Job im Umkreis des Finanzministeriums bekommen.
Finanzminister Brunner bedankt sich bei Kern, er habe "in schwierigen Phasen Stabilität und Ruhe für die ÖBAG ermöglicht. Unter seinem Vorsitz wurde ein neuer Vorstand gefunden und eine gute inhaltliche Übergabe gewährleistet. Durch die abgeschlossenen Weichenstellungen in Kombination mit der neuen Struktur der ÖBAG ist die Staatsholding gut für die kommenden Herausforderungen und die Weiterentwicklung des Standortes aufgestellt".
Flughafen-Vorstand
Am Tag der Hauptversammlung soll auch gleich die Nachfolge geregelt werden. Flughafen-Vorstand Günther Ofner wird neu in den Aufsichtsrat einziehen und soll, hört man aus dem Gremium, zum neuen Vorsitzenden gewählt werden.
Mit Günther Ofner, 65, rückt ein heimischer Top-Manager an die Spitze der ÖBAG. Der gebürtige Burgenländer ist fachlich breit aufgestellt und seit 30 Jahren in Vorstandsfunktionen. Er hat Erfahrung sowohl mit börsenotierten Unternehmen als auch in Firmen, die nicht an der Börse sind. Der bestens vernetzte Ofner soll eine stärkere Brücke zu Industrie und Wirtschaft bauen, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Er sitzt auch im Bundesvorstand der Industriellenvereinigung.
Ofner hat viel Expertise in den Bereichen Energie, Telekom, Immobilien, Logistik, Infrastruktur und Finanzen. Er begann seine Karriere in der Versicherungswirtschaft bei der Voksfürsorge Jupiter und wechselte in die Energiewirtschaft. Zuerst beim Verbund, dann bei der burgenländischen Bewag. Nach einem Intermezzo in der Telekom-Industrie (UTA Telekom AG) ging Ofner für die börsenotierte EVN nach Mazedonien und leitete den M&A-Bereich. Seit 2011 ist er Vorstand der Flughafen Wien AG, wo er es mit seinem Vorstandskollegen Julian Jäger geschafft hat, nach dem Skylink-Skandal und heftigen Turbulenzen Ruhe in das Unternehmen zu bringen.
Ofner gilt auch als erfahrener Aufsichtsrat. Er ist Chef des Aufsichtsrates der niederösterreichischen Hypo, Vize-Vorsitzender der Flugsicherung Austro Control und des Vereins der Wiener Städtischen sowie des Wirtschaftsrates der Statistik Österreich (dort fungiert Kern als Vorsitzender). Gut möglich, dass Ofner jetzt aus Kapazitätsgründen das eine oder andere seiner Aufsichtsratsmandate abgibt.
Politisch gilt der Vielarbeiter Ofner als ÖVP-Urgestein mit starker Verankerung in Niederösterreich. Neben seiner Manager-Funktionen war er elf Jahre lang Geschäftsführer des ÖVP-nahen Friedrich Funder Instituts für Journalistenausbildung und Medienforschung und von 1984 bis 1992 stv. Direktor der Politischen Akademie.
Die anderen ÖBAG-Kapitalvertreter haben übrigens nicht vor, wird kolportiert, ihre Aufsichtsrats-Mandate zurückzulegen. Im Gremium sind Ex-Hofer-Chef Günther Helm, die Industrie-Managerin Iris Ortner, CEO der IGO-Industries, der Wärmepumpen-Erzeuger Karl Ochsner, die Ex-Bankerin Susanne Höllinger und die Anwältin Caroline Toifl.
Neos fordern Zweier-Vorstand
Die ÖBAG müsse endlich von einer Doppelspitze geführt werden, sagt Neos-Finanzsprecherin Karin Doppelbauer: „Ein Alleinvorstand widerspricht einer guten Unternehmensführung und auch allen Governance-Grundsätzen des Bundes. Es entspricht nicht internationalen Standards und ist absolut unüblich, dass milliardenschwere Beteiligungsgesellschaften im staatlichen Eigentum von lediglich einer einzigen Person geführt werden. Deshalb muss der – neue - Aufsichtsrat dem Eigentümer, der Republik Österreich, eine Änderung der Satzung vorschlagen - und Finanzminister Brunner als Eigentümervertreter muss diese Satzungsänderung endlich vornehmen". Nach dem Desaster um Thomas Schmid hätte eigentlich nicht nur Kern, sondern der gesamte Aufsichtsrat zurücktreten müssten, kritisiert Doppelbauer.
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