Aufreger: Westbahn verkauft 17 Züge an ÖBB und soll neue Züge in China ordern
"Die Westbahn wird weiter bestehen“, sagt eine Westbahn-Sprecherin am Montag in der Früh knapp zum KURIER. Der Kurier hatte bei der Privatbahn angefragt, ob es zutrifft, dass die Westbahn 17 Triebwagenzüge an die ÖBB verkaufen werden. Das belegt eine europaweite Ausschreibung der ÖBB Personenverkehr AG.
Dem Vernehmen nach will die Westbahn zugleich angeblich bei einem großen chinesischen Bahnhersteller neue Triebwagengarnituren kaufen. Damit ist Feuer auf dem Dach der europäischen Bahnindustrie. Denn bisher konnte man die Billig-Konkurrenz aus China noch vom europäischen Markt de facto fernhalten. In China gab es zwei große Bahnhersteller, die China South Locomotive & Rolling Stock Corporation (CSR), der Weltmarktführer und die staatliche CNR Corporation, die nach Bombardier und vor Alstom die Nummer drei auf dem Weltmarkt ist.
Sitz in Wien
Im Juni 2015 fusionierten die CSR und die CNR zur börsennotierten CRRC Corporation Limited (China National Railway Locomotive & Rolling Stock Industry Corporation). CRRC ist der weltgrößte Hersteller von Schienenfahrzeugen. Im Februar 2019 hat CRRC einen Auftrag über 17 Doppelstock-Triebwagenzüge in Australien mit den örtlichen Partner Downer an Land gezogen.
Die CRRC unterhält in Wien ihre Europa-Zentrale in Wien, die CRRC ZELC Verkehrstechnik GmbH hat ihren Sitz im Wiener DC Tower.
Der Hintergrund
Ausgelöst wurde die Aufregung um die Westbahn von einer Ausschreibung der ÖBB Personenverkehr AG im europäischen TED-Europa-System, die noch bis 4. April 2019 läuft.
„Der Ausschreibungsgegenstand besteht in einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer. Der Leistungsgegenstand besteht in der Lieferung und Instandhaltung von 17 Stück (gebrauchten) durchgehend doppelstöckigen Elektrotriebzügen, geeignet für den Betrieb auf dem österreichischen Normalspurschienennetz Längen ca. 100 m (4-teilig) und ca. 150 m (6-teilig) Bauartgeschwindigkeit 200 km/h. Details siehe Ausschreibungsunterlagen“, heißt es in dieser Ausschreibung.
"Viele Bahnen suchen Zugmaterial"
Damit war unter Eisenbahnexperten schnell klar, dass es sich dabei nur um die 17 Zugsgarnituren der Westbahn handeln kann. Die Westbahn teilte dem KURIER kryptisch mit, dass „im Eisenbahnsektor eine Knappheit an modernen Fahrzeugen bestehe – speziell, wenn es Fahrzeuge mit hoher Kapazität geht. Viele Bahnen suchen Zugmaterial. Es ist ein neuer Markt für junge Gebraucht-Züge entstanden“.
Triebwagenzüge für 217,5 Millionen Euro
Die Doppelstock-Triebzüge werden in der Bilanz 2017 der Westbahn Management GmbH mit 232 Millionen Euro bewertet bei einem Bilanzverlust in Höhe von 70,306 Millionen Euro, davon entfallen 68 Millionen Euro auf den Verlustvortrag aus den Vorjahren. Aufgrund von Kapitalrücklagen (99 Millionen Euro) konnte ein positives Eigenkapital (28,829 Millionen Euro) ausgewiesen werden.
Der Umsatz betrug 2017 rund 60,414 Millionen Euro, der Jahresverlust 2,163 Millionen Euro. Dazu muss man wissen, dass der Zinsaufwand rund 4,311 Millionen Euro betrug. oder anders gesagt: Die Westbahn kann ihre Finanzierungskosten aus dem laufenden Betrieb nicht voll abdecken. Die Verbindlichkeiten bei Banken werden mit 205 Millionen Euro beziffert und die Schulden bei verbundenen Unternehmen mit rund 100 Millionen Euro. Die Gesamtverbindlichkeiten werden mit 333,42 Millionen Euro ausgewiesen.
ÖBB bestätigen Ankauf
Die ÖBB bestätigen die Ausschreibung und das Bemühen um den Ankauf dieser Garnituren. "Wenn es auf dem Markt die Möglichkeit gibt, neues Zugmaterial zu bekommen, dann sehen wir uns das an. Damit können wir ältere Garnituren (wie die auslaufenden 4020er) möglicherweise früher austauschen. Das wäre gerade in der Ostregion für unsere Kunden ein großer Vorteil", sagt ÖBB-Sprecher Robert Lechner zum KURIER. Die Westbahn als gesamtes Unternehmen zu kaufen, sei aber keine Thema.
Westbahn gibt sich zugeknöpft
„Da die WESTbahn das einzige Bahnunternehmen in Österreich ohne Subventionen mit Steuergeld ist, müssen die WESTbahn und ihre Eigentümer jede Opportunität nutzen, die sich bietet, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens langfristig abzusichern“, teilt die Westbahn dem KURIER mit. „Eine Opportunität besteht darin, dass die WESTbahn (anders als Staatsbahnen) viel rascher Fahrzeuge bestellen und damit geliefert erhalten kann. Zusammen mit dem neu entstandenen Gebrauchtzugmarkt entsteht dadurch eine Chance. Die WESTbahn plant daher, mit dem am schnellsten lieferfähigen Qualitäts-Lieferanten auf dem Weltmarkt ein noch weiter verbessertes Zugkonzept für Doppelstockzüge mit 200km/h rasch umzusetzen und gleichzeitig damit dem Bahnverkehr die schnelle Bereitstellung von jungen Gebrauchtzügen zu ermöglichen." Nachsatz: "Mehr können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mitteilen und bitten um Verständnis.“
Der CRRC-Konzern
Die CRRC Corporation Limited ist die Abkürzung für China Railway Rolling Stock Corporation. Es handelt sich dabei um den größten Schienenfahrzeug-Hersteller der Welt und einer der größten Industriekonzerne Chinas; CRRC hat seinen Hauptsitz in Peking in der Volksrepublik China. Der Konzern entstand durch den Ende 2014 asu dem Zusammenschluss der beiden staatseigenen Unternehmen China CNR Corporation Limited (CNR) und CSR Corporation Limited (CSR). 2018 wurde ein Werk in Springfield (Massachusetts) eröffnet.
Der Wert der beiden Ursprungsunternehmen lag 2014 laut Wikipedia bei 299,7 Milliarden. Yuán. Am ersten Notierungstag der Aktie an den Börsen in Hongkong und Shanghai erreichte die Marktkapitalisierung von CRRC umgerechnet 130 Milliarden US-Dollar, lag damit an zweiter Stelle hinter General Electric, vor Siemens und Alstom. Im Jahre 2015 setzte CRRC mit 186.963 Mitarbeitern rund 37,8 Milliarden Dollar um. Zum CRRC-Konzern gehören 46 Gesellschaften und Tochterunternehmen.
Kommentare