AUA-Chefin: "Auf vielen Flughäfen fehlt derzeit Personal"
Die neue AUA-Chefin Annette Mann erklärt, warum die Lufthansa-Tochter erst 2023 aus den Verlusten kommen dürfte.
KURIER: Wie sind Sie in Wien angekommen?
Annette Mann: Wien und die AUA machen es einem sehr leicht, sich willkommen zu fühlen, ich bin auch schon übersiedelt.
Wie wird der Sommer?
Dieser Sommer wird heiß, in mehrerlei Hinsicht. Wir haben einen Rekord bei den Buchungseingängen. Im Hochsommer bieten wir 87 Prozent Kapazität im Vergleich zu 2019 und sind auf vielen Strecken quasi ausgebucht. Unsere absolute Rennstrecke ist Griechenland, auch Portugal ist extrem gut gebucht, auch die Türkei. Nach Italien gibt es noch etwas mehr Restplätze.
Streicht auch die AUA Strecken, weil man zu wenig Flugzeuge und Mitarbeiter hat?
Nein. Da müssen wir uns nochmals bei der österreichischen Regierung bedanken, die Kurzarbeit hat uns wirklich sehr geholfen.
Die Stimmung in der Belegschaft soll aber gar nicht gut sein. Mit dem Sparpaket PE20 hat man viele Mitarbeiter gehen lassen, ausgerechnet vor dem Sommer. Jetzt seien Bodenmitarbeiter, Flugbegleiter und Piloten angeblich am Limit und in der Technik knirscht es auch. Waren Ihre Vorstands-Kollegen zu flott beim Job-Abbau?
Wir sind eine der wenigen Airlines, die genügend Personal für den Sommer haben. Viele sind gegangen, das stimmt, aber ich bin froh, dass wir nicht Massenentlassungen machen mussten. Wir haben die Dienstpläne nicht geändert. Doch jetzt nach Corona ist es so, wie wenn ich zwei Jahre lang keinen Sport mache und dann sofort an meine Belastungsgrenzen gehe. Unsere Sommer sind immer anstrengend und ich kann sehr gut verstehen, dass sich das nach diesen zwei Jahren nochmals schwieriger anfühlt. Wir haben jetzt über 150 neue Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter eingestellt, da wir Engpässe bei den Crews gesehen haben.
Angeblich sagten Sie, die Mitarbeiter seien das Arbeiten nicht mehr gewohnt.
Das stimmt nicht, ich habe es genauso gesagt wie Ihnen jetzt. Aber für viele Probleme ist nicht die AUA verantwortlich, sondern unsere Systempartner, also Flughäfen, Flugsicherung, Bodenverkehrsdienste etc. Auf vielen Flughäfen fehlt derzeit Personal, beispielsweise für die Sicherheitskontrollen. Flugzeuge werden nicht schnell genug be- und entladen oder die Suche nach verlorenen Koffern dauert viel zu lange. Wir sind stark auf diese Partnerschaften angewiesen, mit dem Flughafen Wien klappt es aber sehr gut, da gibt es aktuell keine Probleme.
Auf welchen Flughäfen gibt es die größten Probleme?
Das wechselt. Zuletzt Amsterdam und Tel Aviv. Auf deutschen Flughäfen sind die Sicherheitskontrollen derzeit das Problem.
Welchen Rat haben Sie für die Passagiere?
An kritischen Tagen, etwa bei Ferienbeginn, etwas früher zum Flughafen kommen und gut vorbereitet sein. Schauen, ob man alle Dokumente hat, die Koffer richtig gepackt sind, das Handgepäck den Regeln entspricht und bitte nicht zu viel Handgepäck mitnehmen.
Apropos heißer Sommer, die Preise sind auch nicht gerade lauwarm.
Die Preise sind tatsächlich gestiegen, das stimmt. Aber die Kerosinkosten haben sich quasi verdoppelt.
Treibstoff macht aber nur 30 Prozent der Gesamtkosten aus und die AUA hat die Ticket-Preise oft verdoppelt.
Wenn sich Kerosin verdoppelt, ist das schon eine ganze Menge. Wenn Strecken sehr, sehr gut gebucht sind wie der Süden für den Sommer, dann sind die Ticketpreise auch hoch. Das ist klassisch Angebot und Nachfrage und wir brauchen es ja auch, um unsere Schulden bei den österreichischen Steuerzahlern zurückzuzahlen.
Wie stark trifft die AUA der Ausfall der OMV-Raffinerie in Schwechat?
Wir versuchen, ganz viel außerhalb zu tanken, was wir normalerweise nicht tun. Treibstoff ist nicht an allen, aber an vielen Flughäfen teurer als in Schwechat. Das erhöht unsere Kosten nochmals. Und je schwerer ein Flieger, desto mehr Kerosin verbraucht er. Das kommt noch drauf.
Wie hoch ist Ihr Schaden und werden Sie der OMV eine ordentliche Klage schicken?
Den Schaden können wir noch nicht beziffern. Eine Klage steht aktuell nicht zur Diskussion, sondern wir sind im Austausch, wie wir das finanziell regeln. Unsere Kooperation mit der OMV ist sehr gut.
Ihr größter Konkurrent in Wien ist Ryanair. Die AUA ist mittlerweile qualitativ um nichts besser, nur ist Ryanair wesentlich billiger. Warum soll ein Passagier überhaupt noch mit der AUA fliegen? Bald darf man auch bei der AUA für Sitzplatzreservierungen zahlen.
Aber nur in der billigsten Buchungsklasse. Schauen Sie sich doch die Sozialstandards bei Ryanair an. Man sollte auch im Kopf haben, dass wir bei der AUA gute Arbeitsplätze haben und anständig mit unseren Mitarbeitern umgehen. Und wenn etwas nicht reibungslos läuft, sind Sie bei der AUA besser aufgehoben.
Die Business-Class wurde qualitativ auch hinuntergefahren, beschweren sich Vielflieger. Paprika-Hendl und Billig-Pasta auf der Langstrecke.
Ich verstehe die Kritik, das war Corona-bedingt. Wir fahren jetzt gerade alles wieder hoch, auch unser Restaurant-Service an Bord. Unsere Caterer waren ja selbst massiv eingeschränkt.
Wo sehen Sie die Rolle der AUA im Lufthansa-Konzern? Als Billig-Bomber für Touristen? Die AUA hat die ältesten Flieger und die niedrigsten Personalkosten.
Die AUA ist nicht so ungeliebt, wie sie manchmal selbst denkt. Die Lufthansa hat sich bewusst für die AUA entschieden und hat, als sie selbst gerettet werden musste, 150 Millionen Euro nach Österreich geschickt. Das ist doch der Beweis dafür, wie wichtig die AUA für die Lufthansa-Gruppe ist. In Österreich haben wir halt einmal mehr touristischen Verkehr als in Deutschland und der Schweiz.
Wie steht die AUA finanziell da, machen Sie sich Sorgen?
Nein, unsere Liquidität ist sehr gut, Ende Juni werden wir die nächste 30-Millionen-Rate für den Staatskredit tilgen, dann haben wir 30 Prozent zurückbezahlt.
Wann gibt’s schwarze Zahlen?
2022 bei diesem Kerosinpreis noch nicht, aber wir nehmen es uns für 2023 vor. Doch jede Prognose ist angesichts der Energiepreise und der Lage der Weltwirtschaft extrem schwierig.
Bisher war die Halbwertszeit der AUA-Vorstände immer zwei bis drei Jahre. Bleiben Sie länger und tragen Sie auch Ihren Teil zum Sparpaket bei?
Ich bin auf die Langstrecke eingestellt und hoffe, dass ich länger bleibe. Kontinuität ist wichtig für die AUA. Und ja, ich habe einen Krisenvertrag. Ich bin doch sonst nicht glaubwürdig, wenn ich mich vor die Mannschaft stelle.
Fliegen mit Schnitzelfett und sparsamere Jets
Nachhaltigkeit ist der neuen AUA-Chefin Annette Mann ein besonders Anliegen. Die AUA hat gemeinsam mit der OMV ein Projekt für Sustainable Aviation Fuel (SAF) gestartet. Kerosin wird nicht aus Rohöl, sondern aus biologischen Stoffen hergestellt. In diesem Fall vor allem aus gebrauchtem Speiseöl. Der erste SAF wurde heuer im März für die Betankung der AUA-Maschinen ausgeliefert.
Noch ist die Menge gering, aber stark steigend. SAF wird Kerosin beigemischt, zuletzt verbrauchte die AUA 1.500 Tonnen, das reicht für 333 Flüge von Wien nach London. SAF ist fünfmal teurer als Kerosin, die Passagiere können bei der Buchung „ihr“ SAF kaufen und den Flug rechnerisch -frei konsumieren. Wien-Frankfurt kostet einen SAF-Zuschlag von 50 Euro.
Im Herbst bekommt die AUA vier fabrikneue Airbus A 320neo. Die Flugzeuge verbrauchen 20 Prozent weniger Sprit und machen 50 Prozent weniger Lärm und haben 60 Prozent mehr Platz für Handgepäck.
Zur Person
Die studierte Betriebswirtin (44) ist seit 1. März als erste Frau CEO der Lufthansa-Tochter AUA und seit 18 Jahren im Konzern. Sie war zuletzt für Corporate Responsibility verantwortlich und steuerte das Nachhaltigkeitsprogramm. Zuvor unterschiedliche Management-Jobs, u. a. Leiterin des Produktmanagements der AUA-Schwester Swiss. Sie war Co-Verhandlerin des LSG-Verkaufs. Der AUA-Job ist ihre erste Vorstandsposition direkt bei einer Airline.
450 Millionen Euro erhielt die AUA an Staatshilfe. 300 Millionen für einen Kredit, 150 Millionen als direkten Zuschuss. 150 Millionen steuerte noch die Lufthansa bei. Die AUA stand coronabedingt vor der Pleite, der Flugverkehr war fast gänzlich zusammengebrochen. Derzeit 20 Prozent weniger Flugzeuge (61) und Mitarbeiter (5400).
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