1,9 Mio.: ATX-Vorstände verdienen das 57-fache eines mittleren Gehalts

Keine Fehltritte bei Seele
Die Top-Manager der heimischen börsenotierten Konzerne verdienen das 57-fache eines mittleren österreichischen Einkommens.

17 der 20 im Wiener Leitindex ATX vertretenen Unternehmen haben bereits ihre Geschäftsberichte für das abgelaufene Geschäftsjahr veröffentlicht. Auf dieser Basis ergibt sich für die ATX-Vorstände ein durchschnittliches Jahresgehalt von rund 1,86 Millionen Euro, das 57-fache eines mittleren österreichischen Einkommens und der zweithöchste Wert seit Beginn der Erhebung 2003. (Es fehlen aufgrund ihres ungeraden Geschäftsjahres die Unternehmen Voest, Do&Co sowie AT&S).

Die Zahl bedeutet jedoch einen Rückgang um 15,7 Prozent zum bisherigen Allzeit-Hoch aus 2018. Der Betrag fällt aber dennoch höher aus als 2017. Zum Vergleich: 2007 waren es erst 1,3 Millionen Euro.

Spitzenreiter im Gehaltsranking ist OMV-Chef Rainer Seele mit 7,2 Millionen Euro vor Mayr-Melnhof-Vorstandschef Wilhelm Hörmanseder mit 5,2 Millionen Euro (Hörmanseder beendet seine Funktionen Ende März 2020, Anm.) und Bawag-Boss Anas Abuzaakouk mit 4,9 Millionen Euro. „Fast die Hälfte der Vergütung, exakt 48,9 Prozent, stammt aus der variablen Komponente, also der klassischen Bonuszahlung“, erklärt Studienautorin und Betriebswirtin bei der Arbeiterkammer, Christina Wieser.

1,9 Mio.: ATX-Vorstände verdienen das 57-fache eines mittleren Gehalts

Wilhelm Hörmanseder.

Die Boni sind nach wie vor zumeist vom finanziellen Erfolg des Unternehmens (etwa gemessen am Jahresüberschuss, am Betriebsergebnis etc.) abhängig. Allerdings geraten gerade diese Bonuszahlungen aufgrund der aktuellen Corona-Krise zunehmend ins Visier.

Immer mehr Stimmen werden laut, die Manager auffordern, angesichts von hunderttausenden Arbeitslosen und 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit, auf ihre Bonuszahlungen zumindest teilweise zu verzichten.

Auch die AK fordert, dass Unternehmen, die auf staatliche Unterstützung zurückgreifen, auf mindestens 50 Prozent der Bonuszahlungen aus dem Vorjahr für das Management verzichten müssen. Zudem sollen Unternehmen, an denen sich der Staat mittels Eigenkapital beteiligt, für die Dauer dieser Beteiligung die Höhe der Vorstandsvergütungen beschränken (auf 500.000 Euro) sowie Bonuszahlungen verbieten.

Bis Ende April ist unter den ATX-Unternehmen erst ein Fall von freiwilligem Bonusverzicht für die Jahre 2019 sowie 2020 bekannt. Dabei handelt es sich um die Bawag. Detail am Rande: Die Vorstandsvergütung umfasst dort insgesamt 19,8 Mio. Euro, die Vorstände befinden sich im Ranking nach wie vor im Spitzenfeld. Bis auf die Bawag ist im ATX kein weiteres Beispiel bekannt, jedoch hat mit dem Baukonzern Porr ein weiteres börsennotiertes Unternehmen nicht nur die Dividende für 2019 gestrichen, sondern auch Gehaltsverzicht im Management angekündigt.

1,9 Mio.: ATX-Vorstände verdienen das 57-fache eines mittleren Gehalts

Bawag-Chef Anas Abuzaakouk.

Wieser macht im Zusammenhang mit Managergehältern zudem auf die Zeit nach der Finanzkrise 2008/2009 aufmerksam: Denn 2009 lag der Anteil des fixen Teils am Gehalt plötzlich bei 60,4 Prozent, 2008 waren es noch 46,6 Prozent. Dazu Wieser: „Dies lässt die Interpretation zu, dass sinkende Bonuszahlungen einfach mit einer Anhebung der Fixvergütung kompensiert wurden. So hat das Management auch in den Krisenjahren trotz Personalabbau und Kurzarbeit gut verdient. Diese Fehler dürfen nicht wiederholt werden.“

Eine Möglichkeit zur Vermeidung dieser Vorgänge ist das neue Aktienrechtsänderungsgesetz. Die Aktionäre stimmen zum ersten Mal über die Vergütungspolitik für den Vorstand, die auf mindestens vier Jahre ausgerichtet werden soll, an. „Gerade in der aktuellen Situation sollte die Vergütungspolitik an die wirtschaftliche Lage angepasst werden. Einsparungen beim Personal stehen ganz klar im Widerspruch zu hohen Managergehältern", sagt Wieser.

 

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